Simbabwes Opposition kapituliert vor Staatsterror

Die brutale Einschüchterung der Oppositionsanhänger vor den Stichwahlen hat nun Konsequenzen. Oppositionschef Tsvangirai beugt sich aus Angst um seine Wähler dem Terror- und ruft die UN zuhilfe.
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Muss um sein Leben fürchten: MDC-Chef Morgan Tsvangirai
dpa Muss um sein Leben fürchten: MDC-Chef Morgan Tsvangirai

Die brutale Einschüchterung der Oppositionsanhänger vor den Stichwahlen hat nun Konsequenzen. Oppositionschef Tsvangirai beugt sich aus Angst um seine Wähler dem Terror- und ruft die UN zuhilfe.

Nach dem Rückzug der Opposition aus der Stichwahl um das Präsidentenamt in Simbabwe wächst international die Sorge über die Lage in dem afrikanischen Land. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warf der Regierung in Harare vor, es nicht geschafft zu haben, Bedingungen für eine freie und faire Stichwahl zu schaffen. Die US-Regierung forderte «die simbabwische Regierung und ihre Schläger» auf, die Gewalt sofort zu beenden. Die Europäische Union bedauerte die Umstände, die zum Ausscheiden von Oppositionskandidat Morgan Tsvangirai geführt hätten, und äußerte zugleich Verständnis für dessen Entscheidung.

Oppositionschef Morgan Tsvangirai hatte am Sonntag bekanntgegeben, dass seine Partei Bewegung für Demokratischen Wandel (MDC) wegen der massiven Behinderungen durch die Staatsmacht nicht an der für Freitag geplanten Stichwahl um das Präsidentenamt teilnehmen werde. «Mugabe hat den Krieg erklärt, und wir werden an diesem Krieg nicht teilnehmen», sagte Tsvangirai. Freie und faire Wahlen seien unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht möglich. «Wir können die Menschen nicht bitten, am 27. Juni ihre Stimme abzugeben, wenn sie dafür mit dem Leben bezahlen».

Tsvangirai ruft UN zuhilfe

Es liege nun in der Verantwortung der Vereinten Nationen sicherzustellen, dass die Simbabwer vor Gewalt geschützt würden. Tsvangirai kündigte an, bis Mittwoch neue Vorschläge zur Zukunft des Landes vorzulegen. Einzelheiten nannte er nicht. Tsvangirai sagte, die Entscheidung für den Wahlboykott sei im Parteivorstand einstimmig erfolgt. «Wir haben beschlossen, dass wir nicht länger mehr an diesem gewalttätigen, illegitimen Abklatsch eines Wahlprozesses teilnehmen werden», so Tsvangirai, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung von einer zutiefst besorgniserregenden Entwicklung für die Zukunft der Demokratie in Simbabwe. «Die Gewalt- und Einschüchterungskampagne, die diese Wahlen beherrschte, hat den Menschen dieses Landes einen schlechten Dienst erwiesen und muss sofort beendet werden», forderte der UN-Chef.

USA und EU planen erste Schritte zur Unterstützung

EU-Chefdiplomat Javier Solana zeigte in einer ersten Reaktion Verständnis für die Entscheidung Tsvangirais. Die «systematische Kampagne der Gewalt, der Behinderung und der Einschüchterung durch die simbabwischen Behörden» erkläre diesen Schritt. «Unter diesen Bedingungen sind die Wahlen eine Parodie der Demokratie geworden, die des heutigen Afrikas nicht würdig ist», heißt es in einer Erklärung Solanas. Die US-Regierung rief zu einem Ende der Gewalt auf. «Die simbabwische Regierung und ihre Schläger müssen die Gewalt sofort beenden», heißt es in einer Stellungnahme des Weißen Hauses vom Sonntag. «Allen Parteien sollte es möglich sein, an den gesetzmäßigen Wahlen teilzunehmen und nicht Ziel von Einschüchterung und ungesetzlichen Aktionen der Regierung, bewaffneter Milizen und der sogenannten Kriegsveteranen werden.» US-Außenministerin Condoleezza Rice hatte bereits am Samstag angekündigt, das Thema der anhaltenden Gewalt in Simbabwe kommende Woche in den UN-Sicherheitsrat einzubringen. Derzeit haben die USA den Vorsitz in diesem Gremium.

Mugabe könnte fünf weitere Jahre Präsident bleiben

Simbabwes Justizminister Patrick Chinamsa behauptete dagegen, Tsvangirai habe mit seinem Rückzug lediglich «die Schmach einer Wahlniederlage» vermeiden wollen. Wenn er nicht antrete und das auch der Wahlkommission erkläre, würde Präsident Robert Mugabe als verbliebener Kandidat automatisch zum Präsidenten erklärt. Tsvangirai hatte die Präsidentenwahl am 29. März zwar gewonnen, aber ebenso wie Amtsinhaber Mugabe eine absolute Mehrheit verfehlt. Sein Wahlkampf war überschattet von Behinderungen, Schikanen und einer Welle des Terrors gegen seine Anhänger. Ursprünglich wollte der Oppositionsführer am Sonntagnachmittag auf der größten Wahlkampfkundgebung der MDC in Harare sprechen. Allerdings blockierten tausende militante Gefolgsleute der Regierungspartei ZANU-PF das Gelände und errichteten Sperren auf den Zugangsstraßen. Viele waren mit Stöcken bewaffnet. Oppositionsanhänger, die versucht hätten, zum Ort der Kundgebung vorzudringen, seien geschlagen worden, teilte die MDC mit. Mindestens zwei Menschen hätten schwere Verletzungen erlitten. Auch Journalisten und Wahlbeobachter seien in die Flucht getrieben worden.

Reaktionen auch aus Angola

Simbabwes umstrittener Präsident Mugabe wies den Vorwurf der Gewalt gegen Oppositionsanhänger vor der Stichwahl als «Lüge» zurück - und machte die MDC für die Gewalt verantwortlich. Die Opposition lüge, um später behaupten zu können, die für den 27. Juni angesetzte Stichwahl sei nicht frei und fair gewesen, sagte Mugabe, wie die Staatszeitung «The Herald» am Samstag berichtete. Der britische Premierminister Gordon Brown verurteilte am Samstag «jene, die die jüngste entsetzliche Eskalation der Gewalt betreiben». Selbst afrikanische Staaten wie Angola, die traditionell Mugabe nahestehen, äußern inzwischen Besorgnis. Der angolanische Präsident Eduardo dos Santos forderte Mugabe auf, «alle Akte der Einschüchterung und Gewalt zu beenden».(nz/dpa/AP)

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