Sieht so Frieden aus?

Erstmals nach Seehofers Lästerattacke sitzen Söder und er gemeinsam am Kabinettstisch. Auf der Nürnberger Kaiserburg wollen sie Harmonie demonstrieren. Ihre Körpersprache verrät aber das Gegenteil.
von  Angela Böhm
Gut behütet im Rockabilly-Hut kam Söder zur Sitzung des Kabinetts auf der Nürnberger Kaiserburg. Dort ist er als Finanzminister Hausherr.
Gut behütet im Rockabilly-Hut kam Söder zur Sitzung des Kabinetts auf der Nürnberger Kaiserburg. Dort ist er als Finanzminister Hausherr. © dpa

NÜRNBERG Früher war sie ein Schauplatz für erbitterte Kämpfe und ausdauernde Belagerungen. Gestern sollte die Kaiserburg in Nürnberg ein Ort der Harmonie werden. Zum ersten Mal nach den Verbal-Attacken von Horst Seehofer gegen seinen Finanzminister Markus Söder sitzen die beiden wieder gemeinsam an einem Tisch. Doch Friede sieht anders aus. Allein die Körpersprache der beiden war höchst vielsagend. „Die Gräben werden sich nicht mehr schließen“, sagt einer aus der Regierungsrunde. Aber keiner von beiden habe sich etwas anmerken lassen.

Seehofer und Söder versuchen, gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Sie reichen sich die Hand. Stecken die Köpfe zusammen. Plaudern und säuseln sich an. Doch zwischendrin kommt immer wieder durch, dass das Tuch zwischen ihnen zerschnitten ist. Mit verschränkten Armen stehen sie sich stocksteif gegenüber. Nach einem nonverbalen Signal der Entspannung sieht das nicht aus. Sondern vielmehr nach Ablehnung, Abwehr und Verschlossenheit. Zwischendurch greift sich Seehofer verlegen ans Auge.

Auch beim Versöhnungs-Punsch, der alkoholfrei in weißen Porzellan-Tassen serviert wird, ist das Lächeln der beiden eher gequält. Seehofer ist genervt, als er gefragt wird, ob er den Weihnachtsfrieden wieder herstellen will. Sagen will er dazu nichts. „Statt Worten“, brummt er und stößt mit Söder an. Zu tief sitzen die Verletzungen bei beiden.

Vom „Ehrgeiz zerfressen“ sei Söder, hatte sein Chef Seehofer ihn am vergangenen Montag gemobbt, ihm „charakterliche Schwächen“ attestiert und „zu viele Schmutzeleien“. Söder weiß, dass das an ihm wie Patex kleben wird.

Auch Seehofer ist verbittert. Er hatte nicht erwartet, dass sich die Partei mit Söder solidarisiert und seine Autorität in Frage stellt. Dass alle so undankbar sind. Wo er, der Regierungschef, von sich vollkommen überzeugt ist, dass er ganz alleine ohne die Hilfe der anderen die CSU herausgezogen hat aus dem tiefen Tal. Und jetzt alle wieder von der absoluten Mehrheit träumen können. Es ist seine One-Man-Show. In der duldet er keinen Widerspruch.

Markus Söder ist als Finanzminister Hausherr auf der Kaiserburg. Er fährt gut behütet vor. Mit einem schwarzen Rockabilly-Hut, der nicht so richtig auf seinen Kopf passt. Als wolle er mit dem Retro-Modell signalisieren: Der Rock’n Roll geht weiter. Alle bemühen sich, nett zu sein. Der Finanzminister beeindruckt mit seinem Geschichtswissen über die Kaiserburg – und gibt dabei auch Zweideutiges von sich. Er erinnerte an die bedeutende Rolle von Nürnberg bei der Vorbereitung des Westfälischen Friedens. Der hatte im 17. Jahrhundert den Dreißigjährigen Krieg beendet. „Sie sehen, die Kaiserburg hat eine sehr friedliche Atmosphäre“, erklärt er beim Empfang im Foyer des Kaiserburg-Museums.

Nur kurz geht er auf die Schlacht mit Seehofer ein: „Die Sache ist ausgeräumt.“ Er habe sich mit dem Regierungschef mehrfach „ausgetauscht“.
Noch am Tag vor der Kabinettssitzung hatte Seehofer umgeschaltet und seinen Finanzminister wieder öffentlich gelobt: „Staatsminister Markus Söder macht eine gute Arbeit.“

Für Söder ist es ein Heimspiel in seiner Heimatstadt Nürnberg. Auch bei dem anschließenden Spaziergang über den Christkindlesmarkt. Nach vorne schauen wollen sie jetzt alle.

Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, der von Seehofer als „Zar Peter“ verspottet worden war, dreht inzwischen den Spieß um. Er sehe das als Kompliment des Parteichefs: „Zar Peter der Große war einer der großartigsten Stadtentwickler. Er hat Petersburg entworfen. Er hat das Zimmererhandwerk gelernt in Holland, so wie ich das Müllermeisterhandwerk gelernt habe. Da gibt es eine Reihe von positiver Parallelen. Da kann ich mich darüber nicht beschweren.“

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.