Sicherheitsfirma hatte Kontakt zu Botschaft

Bisher bestreitet die Bundesregierung, an der Schulung der Polizei in Libyen beteiligt gewesen zu sein. Doch davon gewusst haben zumindest Mitarbeiter der Botschaft, behauptet einer der Hauptbeteiligten der Affäre.
Die deutsche Vertretung in Tripolis ist nach Darstellung des privaten Veranstalters über die Ausbildungseinsätze deutscher Polizisten und Soldaten in Libyen informiert gewesen. «Die Deutsche Botschaft wusste, was wir taten», sagte der ehemalige Geschäftsführer der inzwischen nicht mehr existierenden Sicherheitsfirma BDB Protection GmbH dem «Westfalen-Blatt». Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags will sich am Mittwoch in einer Sondersitzung mit dem Fall befassen.
«Wir haben uns 2006 drei, vier Mal mit Botschaftsmitarbeitern zum Essen getroffen außerhalb der Auslandsvertretung», sagte der frühere Geschäftsführer des Unternehmens, ein ehemaliger SEK-Beamter, dem Bericht zufolge. Die Schulung etwa 120 libyscher Sicherheitskräfte sei ein ganz normales Geschäft gewesen. Ob ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei den Essen anwesend gewesen sei, wisse er nicht. «Agenten geben sich nun mal nicht zu erkennen», sagte er. Insgesamt sollen etwa 30 aktive und frühere deutsche Elitepolizisten sowie ein Hauptfeldwebel der Bundeswehr in den Jahren 2005 und 2006 Sicherheitskräfte in Libyen ausgebildet haben. Gegen den Hauptfeldwebel und acht SEK-Beamte aus Nordrhein-Westfalen wurden Disziplinarverfahren eingeleitet. Gegen einen Elite-Polizisten ermittelt die Staatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat. Die Bundesregierung hat bisher bestritten, in irgendeiner Form an den Schulungsmaßnahmen der Polizei in Libyen beteiligt gewesen zu sein.
Verteidigungsministerium unter Beschuss
Politiker von Koalition und Opposition kritisierten die Informationspolitik des Verteidigungsministeriums. Gegenüber «tagesschau.de» warfen mehrere Abgeordnete dem Ministerium vor, den Verteidigungsausschuss des Bundestages nicht bereits vor zwei Jahren informiert zu haben. Das Ministerium hatte am Montag bestätigt, dass es bereits im März 2006 davon erfahren hatte, dass der Hauptfeldwebel weitere aktive Soldaten für die Ausbildung libyscher Polizisten anwerben wollte. Der SPD-Parlamentarier Hans-Peter Bartels sagte: «Natürlich interessiert uns das. Wenn das Ausmaß bereits 2006 bekannt war, dann hätte der Verteidigungsausschuss informiert werden müssen.» Ähnlich äußerte sich der Obmann der Linkspartei, Paul Schäfer. Medienberichten zufolge soll der BND sogar noch früher über die Schulungspraxis informiert gewesen sein. Der BND-Resident in Tripolis soll den Firmenchef zwischen Dezember 2005 und Juni 2006 mehrfach getroffen und ein ziemlich komplettes Bild über dessen Arbeit bekommen haben.
Reform der Geheimdienstkontrolle geplant
Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) will sich am Mittwoch über die Rolle des BND in der Affäre informieren lassen. Jetzt sei die Bundesregierung am Zug, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen. Voraussichtlich am Freitag wird sich der Bundestag in einer aktuellen Stunde mit dem Thema befassen. Die Union dringt darauf, darüber hinaus die parlamentarische Kontrolle der Geheimdienste zu verbessern. Laut Röttgen will man SPD und FDP noch diese Woche einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Nach Angaben des FDP-Innenpolitikers Max Stadler geht es darum klarzustellen, dass sich die Berichtspflicht der Bundesregierung auch auf laufende Angelegenheit erstreckt. (AP)