Serbien und Kosovo kommen der EU näher

Mit einer Einigung Serbiens und des Kosovos in ihren wichtigsten politischen Streitfragen kommen beide Staaten der Europäischen Union näher.
von  dpa

Brüssel - Regierungsvertreter aus Belgrad und Pristina vereinbarten am Freitag in Brüssel, wie das Kosovo künftig bei internationalen Verhandlungen auftreten wird. Sie verständigten sich auch darüber, wie die Übergänge an der Grenze beider Staaten gemeinsam und unter EU-Aufsicht kontrolliert werden sollen.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle begrüßte die Einigung. "Das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung", sagte Westerwelle am Freitag in Tunis am Rande des Treffens der "Freunde des demokratischen Syriens". Das Abkommen führe "zu einer friedlichen und stabilen Region, zu mehr regionaler Partnerschaft" und zu einer "europäischen Perspektive beider Staaten".

"Dies ist ein wesentlicher Schritt voran", heißt es auch in einer gemeinsamen Erklärung der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton und des Erweiterungskommissars Stefan Füle. Die Vereinbarungen seien "weitere Schritte auf dem europäischen Weg". Das Kosovo hatte sich im Februar 2008 für unabhängig erklärt, wird aber von Belgrad weiterhin als Teil Serbiens betrachtet.

Für die Bundesregierung bleibt es nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert "Ziel, dass beide Länder die notwendigen Reformen voranbringen, um sich der Europäischen Union anzunähern und auf diesem Weg ihr Verhältnis zueinander nachhaltig normalisieren".

Serbien ist mit der Einigung dem lange angestrebten Status eines EU-Beitrittskandidaten zum Greifen nahe gekommen. Die EU-Außenminister werden am Dienstag in Brüssel darüber entscheiden. Dieser Status ist die Voraussetzung für den Beginn von Beitrittsverhandlungen. Auch das Kosovo kann hoffen, der EU näher zu rücken. Die EU- Kommission schlug vor, zu prüfen, ob mit dem Kosovo ein anderes Abkommen geschlossen werden kann. Dies wäre der erste Schritt zu einer späteren EU-Mitgliedschaft des Kosovos.

Die Einigung vom Freitag sieht vor, dass das Kosovo künftig bei allen regionalen Konferenzen unter dem Namen "Kosovo" auftreten kann. Es kann auch selbst Abkommen schließen - bisher war dafür die UN-Vertretung im Kosovo (UNMIK) zuständig. Der Name Kosovo wird jedoch mit einem Sternchen versehen. Dieses verweist auf eine Fußnote, nach der der eigentliche Konflikt um den Status des Kosovos ungelöst bleibt.

In der Fußnote heißt es: "Dieser Name präjudiziert nicht den Status Kosovos und steht im Einklang mit der Resolution 1244 des UN-Sicherheitsrates und der Meinung des Internationalen Gerichtshofs über die Unabhängigkeitserklärung des Kosovos." Die Resolution, in der das Kosovo als Teil Serbiens festgehalten wird, stammt aus dem Jahr 1999. Hingegen hatte der Internationale Gerichtshof (IGH) im Jahr 2010 entschieden, die Unabhängigkeitserklärung sei rechtens gewesen.

Während in Serbien das Verhandlungsergebnis als "großer diplomatischer Erfolg" dargestellt wurde, liefen im Kosovo Parteien und Politiker dagegen Sturm. Die drittgrößte Partei des Landes, die oppositionelle "Vetevendosje" (Selbstbestimmung), rief für Montag zu einer Großdemonstration gegen die Regierung auf. Sie habe durch die Aufgabe des Namenszusatzes "Republik" und die indirekte Anerkennung der Souveränität Serbiens das Land "um Jahre zurückgeworfen" und die mühsam errungene Selbstständigkeit aufs Spiel gesetzt.

Demgegenüber versuchte Regierungschef Hashim Thaci in Pristina, die Zugeständnisse an Serbien klein darzustellen. Ein großer Erfolg sei, dass das Kosovo in Zukunft bei allen internationalen Tagungen vertreten sei. Die Einschränkungen durch die Fußnote seien "nicht ideal", doch sei nicht mehr zu erreichen gewesen. Schließlich sei die Anmerkung über die UN-Resolution "nur eine vorübergehende Formel". Die albanische Verhandlungsführerin in Brüssel, Edita Tahiri, argumentierte: "Das Anmerkungssternchen ist wie eine Schneeflocke, die schmilzt, sobald der Winter vorbei ist".

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.