"Senator Tod" will künftig Honorar

HAMBURG - Im Hamburger Fall Kusch beginnt jetzt die Debatte über die juristischen Folgen. Darf man den Todeswunsch sehr alter oder sehr kranker Patienten aktiv unterstützen?
Die Schelte schallt ihm von allen Seiten entgegen – doch das stört den ehemaligen Hamburger Justizsenator Roger Kusch nicht die Spur – ganz im Gegenteil. Als er einer schwer kranken, aber keineswegs todgeweihten 79-jährigen Frau aus Würzburg Unterstützung bei ihrem Suizidversuch gewährte, war das, weil von der Sache her völlig belanglos, wohlabgewogenes Kalkül.
In dem Wissen, dass er eben keine aktive Sterbehilfe geleistet hatte – was ihm am Dienstag auch die ermittelnde Staatsanwaltschaft bestätigte und was strafbar gewesen wäre – setzte er mit seiner Aktion eine öffentliche Debatte genau darüber in Gang: Ob man den Todeswunsch sehr alter oder sehr kranker Patienten aktiv unterstützen darf.
Während die Unionsfraktion rasches Handeln des Gesetzgebers fordert, lehnt die SPD im Bundestag eine neue Strafvorschrift als überflüssig ab.
Mehrere Bundesländer, darunter auch Bayern, wollen über den Bundesrat ein Verbot der gewerblichen und organisierten Sterbehilfe durchsetzen. „Wir wollen jetzt mit unserem Gesetz dafür sorgen, dass organisierte, geschäftsmäßige Sterbehilfe künftig in Deutschland verboten wird“, sagte Bayerns Justizministerin Beate Merk zur Begründung.
Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Ich bin absolut gegen jede Form der aktiven Sterbehilfe – in welchem Gewand sie auch immer daherkommt“, sagte die CDU-Vorsitzende gestern.
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach und die Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Ingrid Fischbach, begrüßen die Länderinitiative. Die jüngsten Aktivitäten Kuschs und der Sterbehilfeorganisation Dignitas hätten gezeigt, dass ein schnelles Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung dringend notwendig sei.
SPD-Fraktionschef Peter Struck warnte wegen der komplizierten Materie vor einem gesetzlichen Verbot. „Bloß keine Schnellschüsse. Bloß nicht sofort wieder irgendwelche Gesetzentwürfe, die dann doch nichts bringen“, sagte Struck. Der Grünen-Rechtsexperte Jerzy Montag nannte Kuschs Verhalten zwar „widerwärtig“. „Aber nicht alles, was widerwärtig ist, muss strafbar sein. Hilfe zur Selbsttötung sollte straffrei bleiben.“
Unterdessen hat der Hamburger Senat angekündigt, eine Aberkennung der Pensionsansprüche des ehemaligen Justizsenators Kusch zu prüfen – rund 4000 Euro monatlich. Sie ist wegen Straftaten möglich, aber auch, wenn sich jemand „unwürdig des Hamburger Senats erweist“.
Roger Kusch irritiert das alles nicht. Er werde solche Sterbehilfe jederzeit wieder leisten wollen. Er schloss auch nicht aus, dann aber Honorar zu verlangen.