Selbst Russland fordert Gaddafi-Rücktritt

US-Präsident Barack Obama und sein französischer Kollege Nicolas Sarkozy beharren auf einem Rückzug des libyschen Diktators Muammar al-Gaddafi von der Macht.
dpa |
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Deauville/Tripolis/Kairo - "Gaddafi muss gehen", meinte Gastgeber Sarkozy am Freitag am Rande des G8-Gipfel im Seebad Deauville. "Die Libyer haben ein Recht auf Demokratie." Solange Gaddafi die Macht habe und auf Zivilisten schießen lasse, könne die Nato-Militäraktion in Libyen nicht beendet werden, pflichtete ihm Obama bei. Selbst Moskau schwenkte auf diese Linie ein: Mit einem Rücktritt würde Gaddafi Libyen einen Gefallen tun, betonte Kremlchef Dmitri Medwedew nach Angaben russischer Agenturen.

Die Nato bombardierte in der Nacht zum Freitag erneut die libysche Hauptstadt Tripolis. Wie der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira berichtete, habe es fünf starke Explosionen gegeben. Es sei auch ein Areal getroffen worden, das von Gaddafi genutzt werde.

Nach Informationen des britischen Geheimdiensts ist der Despot von den wochenlangen Bombardements zunehmend zermürbt. Derzeit verstecke Gaddafi sich jede Nacht in einem anderen Krankenhaus, berichteten britische Medien unter Berufung auf Quellen des Geheimdienstes MI6. "Er flieht von einem Ort, den wir nicht bombardieren, zum nächsten", sagte ein britischer Diplomat laut "Guardian" und "Daily Telegraph" in Deauville. Es sei daher der richtige Zeitpunkt, den Druck erneut zu erhöhen. "Je mehr er denkt, dass sich die Dinge gegen ihn entwickeln, desto besser."

Großbritannien hatte am Donnerstagabend entschieden, Hubschrauber bei der Bekämpfung der Truppen Gaddafis einzusetzen. Auch Frankreich plant die Entsendung von Kampfhubschraubern. Damit soll die Treffgenauigkeit der Angriffe gegen die Gaddafi-Truppen erhöht werden.

Libyen und die seit mehr als zwei Monaten laufende Nato-Kampagne waren eines der wichtigeren Themen beim Treffen der großen westlichen Industriestaaten und Russlands in Deauville. "Wir sind entschlossen, die Arbeit zu Ende zu bringen", sagte Obama nach einem Gespräch mit Sarkozy. Auch die - von Russland mitgetragene - Abschlusserklärung des G-8-Treffens hält unmissverständlich fest: "Gaddafi (....) hat keine Zukunft in einem freien, demokratischen Libyen. Er muss gehen."

Russland schloss sich damit erstmals dem internationalen Druck auf Gaddafi an. Falls ein Rücktritt Gaddafis zur Beilegung des Konflikts beitrage, werde Russland dabei helfen, erklärte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow nach Angaben der Agentur Interfax beim Gipfel. Wie Präsident Medwedew betonte, stehe Russland im Falle einer Ausreise Gaddafis aber nicht als Exil zur Verfügung. Er sprach sich gegen eine Spaltung des nordafrikanischen Landes aus. "Ein russischer Sondergesandter wird in Kürze in Libyen mit der Opposition und - falls es geht - auch mit der Führung in Tripolis sprechen", sagte Medwedew.

Am Donnerstagabend war bekanntgeworden, dass der libysche Ministerpräsident Al-Baghdadi Al-Mahmudi in einem Telefongespräch mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow um Hilfe bei der Vermittlung eines Waffenstillstandes gebeten hatte.

Frankreich und Großbritannien beurteilen solche Versuche mit erheblicher Skepsis. Zunächst müsse Gaddafi die Macht abgeben. Erst dann seien Gespräche sinnvoll, sagte der britische Premier David Cameron zum Abschluss des G8-Gipfels. Ganz ähnliche äußerte sich Sarkozy: "Es gibt keine mögliche Vermittlung mit Herrn Gaddafi."

Für einen reinen Waffenstillstand und Truppenentflechtungen dürfte es aber in Gaddafis Libyen längst zu spät sein. Auf die diplomatischen Bemühungen Al-Mahmudis reagierte die Nato-Sprecherin Oana Lungescu am Freitag kühl. "Das (Gaddafi-)Regime hat früher ähnliche Erklärungen veröffentlicht und dann mit dem Beschuss von Zivilisten weitergemacht", sagte sie vor Journalisten in Brüssel. Die Nato habe darüber hinaus Erkenntnisse, dass die Gaddafi-Truppen in der Nähe der Aufständischen-Enklave Misrata international geächtete Landminen ausgelegt hätten.

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