Seehofers Wutausbruch
MÜNCHEN - Ohne Not bricht die CSU eine Koalitionskrise vom Zaun – jetzt gibt es Zoff vom Ministerpräsidenten für Fraktionschef Schmid.
So wütend war Horst Seehofer noch nie. Brutal faltete er CSU-Fraktionschef Georg Schmid in der Vorstandssitzung am Dienstagnachmittag zusammen. Der hatte ihm mit dem Koalitionskonflikt um die uigurischen Guantánamo-Gefangenen die 100-Tage-Bilanz vermasselt. Gestern sollte es im Landtag zum Schwur zwischen FDP und CSU kommen. Seehofer lenkte ein. „Bayern ist ein weltoffenes Land. Wenn es um eindeutig Unschuldige geht, dann haben wir damit kein Problem“, sagte er zur AZ.
Seinen Fraktionschef machte er nieder: „Mir ist die Zusammenarbeit mit der FDP wichtiger.“ Ein Vorstandsmitglied berichtet: „Seehofer hat Schmid ungespitzt in den Boden geschlagen. Der wurde immer kleiner.“ Was den Ministerpräsidenten so aufbrachte: Während in der Staatskanzlei schon mit rauchenden Köpfen an einer Lösung gearbeitet wurde, wie sich beide Koalitionspartner ohne Gesichtsverlust aus der Zwickmühle der Uiguren befreien, legte Georg Schmid nochmal öffentlich nach. Er forderte, die CSU müsse gegenüber der FDP „Kante“ zeigen. Im Rechtsausschuss hatte sich nämlich die FDP gegen die CSU gestellt und mit der Oppositionspartei für eine Aufnahme der Häftlinge in Bayern gestimmt.
„Die Kraftmeierei hätten wir uns sparen können“, giftete Seehofer seinen Fraktionschef an und warf ihm mangelnde Abstimmung vor.
„Warum diese Debatte?“, fragte er immer wieder. Vor der Vollversammlung des Landtags legte die Regierungskoalition nun einen gemeinsamen Antrag vor. Formulieren musste ihn Innenminister Joachim Herrmann. Auch er hatte zuvor eine Aufnahme der Uiguren strickt abgelehnt.
In dem gemeinsamen Papier kommt das Wort Uiguren nicht mal mehr vor. Mit blumigen Formulierungen lavieren sich CSU und FDP auf einen Kurs: „Bayern ist ein weltoffenes, freiheitsliebendes Land, dass seit jeher insbesondere aus politischen oder religiösen Gründen Verfolgten Zuflucht gewährt.“ In der CSU-Fraktion allerdings herrschte nach dem Donnerwetter dicke Luft. „Schmid ist für das Fraktionsmanagement ungeeignet“, klagen führende Parteifreunde.
Angela Böhm
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