Seehofers Spar-Spielchen: Verschieben statt streichen?
MÜNCHEN/BERLIN - Der Staat muss auf Diät gesetzt werden – aber wenn es nach Seehofer geht, soll niemand hungern. Nicht die Rentner, Familien, Schüler und schon gar nicht die Beamten. Wie das geht?
„Maul halten!“ Seine Minister und CSU-Abgeordneten in Bayern hat Horst Seehofer zum großen Schweigen verdonnert. Wenn es darum geht, wie der Freistaat in den nächsten Jahren auf Diät gesetzt werden muss, haben sie einen Maulkorb verpasst bekommen. Keiner soll jetzt die Bürger verschrecken und der CSU schaden. Für Seehofer selbst gilt das nicht, wenn es gegen Berlin und Bundeskanzlerin Angela Merkel geht.
Die AZ zeigt die Brandstellen:
Die Kanzlerin: Von Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert Seehofer jetzt wöchentlich einen Deutschland-Plan – sein neues Lieblingswort. Selber hat er zwar keinen Plan, aber viele Forderungen: Keine Abgabenerhöhung, dafür striktes Sparen: „Die zuständigen Ministerien müssen Einsparungen durchsetzen. Anders geht es nicht.“ Nur wo, sagt er nicht. Außer bei der von der FDP favorisierten Gesundheitsprämie, die praktisch vom Tisch ist. „Für die wird es keinen Euro aus der Staatskasse geben.“
Die FDP: Von ihr fordert Seehofer mehr „Realitätssinn“. Sie solle sich stärker am Land orientieren und ihre Prioritäten neu setzen. Dann gehe es auch wieder in eine positive Richtung, so der Ministerpräsident. „Die FDP hat in den ersten Regierungsmonaten Fehler gemacht“, kritisiert er in der „Bild“. Schwarz-Gelb müsse in den nächsten Wochen eine dreifache Bewährungsprobe bestehen: Euro, Haushalt, Arbeitsplätze. „Wenn wir das schaffen, hat Schwarz-Gelb eine gute Zukunft.“ FDP-General Christian Lindner kontert: „Seehofer betreibt Bauchnabelschau?“
Die Studenten: Dass bei der Bildung nicht gespart wird, trägt Seehofer wie eine Monstranz vor sich her. Die Erhöhung des Bafögs und das neue Stipendienprogramm aber hat er im Bundesrat blockiert. Zum Ärger der eigenen CSU-Abgeordneten in Berlin. „Dieses Thema eignet sich nicht für Akte der Kraftmeierei gegenüber dem Bund“, giftet der Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller. r solle auf seine „taktischen Spielchen“ verzichten und grünes Licht geben.
Die Schüler, Familien, Rentner: Sie alle will Seehofer verschonen, auch wenn in Bayern Schulminister Ludwig Spaenle schon laut zweifelt, ob er noch jährlich 1000 neue Lehrerstellen schaffen kann. Am umstrittenen Betreuungsgeld und am Kita-Ausbau hält Seehofer fest. Auch den Rentner will er keine Sparopfer abverlangen.
Die Beamten: Trotz aller Sparzwänge, die Rückkehr zur 40 Stunden-Woche in Bayern soll für sie bis 2012 kommen. Das alleine kostet den Freistaat mindestens 200 Millionen Euro. Seehofer traut sich an die Beamten nicht ran. Aber freie Stellen sollen dafür nicht mehr besetzt werden.
Die Hotels: Die Mehrwertsteuersenkung für Übernachtungen bleibt. „Hände weg!“, warnt Seehofer.
Wo kann dann überhaupt noch gespart werden? Seehofer spielt auf Zeit: „Sparen kann auch heißen, dass man geplante Ausgaben streckt.“ Übersetzt: Es wird nicht gestrichen – aber dafür auf die lange Bank geschoben. bö