Seehofer zeigt Nerven: Wer ist der Maulwurf?

MÜNCHEN - Horst Seehofer sucht, wer die Boshaftigkeiten über ihn an die Amerikaner weitergegeben hat – und er zeigt Nerven. Nun soll eine Reise nach Prag seine große außenpolitische Fähigkeit demonstrieren
Erst hat Horst Seehofer gelacht. Er hat versucht, die brisanten Veröffentlichungen in Wikileaks mit seinem typischen Grinsen wegzuwischen. Dass er ein Populist sei, das ist nicht neu. Dass man ihn in den USA aber als außenpolitische Pfeife sieht, geht dem CSU-Chef und Ministerpräsidenten mehr an die Nieren, als er einräumt. Nun zeigt er Nerven: mit seiner Jagd nach dem Maulwurf, der ihn an die Amis verraten hat. Und einer Reise nach Prag, die er als historisch zelebriert. Alles, um zu demonstrieren, dass er doch Ahnung von Außenpolitik hat.
„Es geht um Vertrauen“, sagt Seehofer. Bei den Tschechen in Prag und auch in seiner eigenen Staatskanzlei. Da hat Seehofer seine eigenen Fahndungsmethoden, um den Maulwurf zu enttarnen, der aus seiner engsten Umgebung das US-Konsulat mit Boshaftigkeiten fütterte. „Ich krieg jeden“, sagt er. Haben aber tut er ihn bisher nicht. Aber schon neue Ermittlungsergebnisse: „Es gab ein Vieraugengespräch mit dem US-Konsul“, hat Seehofer ermittelt. Seine Verdächtigen streiten aber energisch ab. Einen „State Secretary for Federal and European Issues“ zitieren die Amerikaner. Die Staatskanzlei übersetzt das mit „Staatssekretär für Bundes- und Europaangelegenheiten“, in den USA heißt „State Secretary“ aber „Minister“. Das wäre in Bayern Europa-Ministerin Emilia Müller. Sie schrieb gleich einen Brief an Seehofer, dass sie unschuldig sei und nichts über ihn ausgeplaudert habe. Auch ihr damaliger – für Europa zuständiger – Amtschef, der frühere Stoiber-Flüsterer Martin Neumeyer, bestreitet in einer Erklärung jeden Verrat. Ebenso schrieb Martin Höhenberger, der einst Gabriele Pauli bespitzelt hatte, an den Ministerpräsidenten: Er habe sich nichts vorzuwerfen. Ihn hatten die US-Diplomaten namentlich als „hochrangigen Staatskanzlei-Kontakt“ enttarnt.
Mit „Verrätern“ hat Seehofer eh seine Probleme. Ob aus dem Vorstand oder aus der Fraktionssitzung – immer sickern Aussagen durch. Vergangene Woche hatte einer gleich die dpa informiert, als Seehofer sein Zukunfts-Programm an der Fraktion vorbeischleusen wollte. Die undichte Stelle habe er sofort enttarnt, erzählt Seehofer – um Maulwürfe abzuschrecken. Dem Hauptverdächtigen habe er nachts eine SMS geschickt. „Der hat vor Schreck gleich alles zugegeben“, sagt Seehofer. Seine Frau Karin sei Zeugin.
Als Beweis für sein außenpolitisches Geschick nun die Reise nach Prag am 19. und 20. Dezember. Er nimmt Münchens Erbischof Reinhard Marx mit auf die Reise. Einen „Neuanfang“ in den deutsch-tschechischen Beziehungen will er versuchen. In der CSU-Fraktion erntet er damit nur Lächeln: „Nur, weil der Stoiber nicht nach Prag gefahren ist. Aber jeder Bundespolitiker war schon dort“, heißt es. Mal sehen, wen Seehofer da jetzt verdächtigt. Vielleicht schickt er ja eine SMS an alle. bö