Seehofer: "Wollen Sie meine Frau bestrafen"

Nun rückt auch die bayerische FDP vom Ehegattensplitting ab und will stattdessen lieber Familien fördern. Seehofer bleibt noch stur. Für die CSU ist das Ehegattensplitting eine heilige Kuh.
von  Angela Böhm
"Wollen Sie meine Frau bestrafen?" Horst Seehofer und seine Frau Karin profitieren mit ihrer Alleinverdienerehe vom Ehegattensplitting. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, um die drei Kinder zu erziehen.
"Wollen Sie meine Frau bestrafen?" Horst Seehofer und seine Frau Karin profitieren mit ihrer Alleinverdienerehe vom Ehegattensplitting. Sie hat ihren Beruf aufgegeben, um die drei Kinder zu erziehen. © dpa

Nun rückt auch die bayerische FDP vom Ehegattensplitting ab und will stattdessen lieber Familien fördern. Seehofer bleibt noch stur: Für die CSU ist das Ehegattensplitting eine heilige Kuh.

München/Berlin- Horst Seehofer nimmt es persönlich: „Wollen Sie jetzt meine Frau bestrafen“, empört sich der CSU-Chef und Ministerpräsident. „Weil sie daheim geblieben ist und die Kinder großgezogen hat!“ Für die CSU ist das Ehegattensplitting eine heilige Kuh. Die SPD will es für Neu-Verheiratete abschaffen. Nicht die „Alleinverdienerehe“, sondern Familien sollen unterstützt werden. Jetzt rückt auch Seehofers Koalitionspartner, die FDP, ab vom Ehegattensplitting.

In ihrem Landtagswahlprogramm heißt es: „Die bayerische FDP will die Umwandlung des Ehegattensplittings in ein Familiensplitting mit Übergangsregelungen. Familie ist dort, wo generationsübergreifend für einander Verantwortung übernommen wird. Die derzeitige Regelung benachteiligt Alleinerziehende und kinderreiche Familien.“ FDP-Fraktionschef Thomas Hacker ist zuversichtlich: „Die CSU hat schon einige heilige Kühe geschlachtet. Denken Sie nur an die Bundeswehr.“

Für Frauen wie Karin Seehofer will Hacker eine Übergangsfrist: „Wenn einer der Partner berufliche Nachteile für die Kindererziehung in Kauf nimmt, muss das auch später berücksichtig werden. Da finden wir eine Lösung.“

Falsche Anreize

40 Prozent der Paare, die das Ehegattensplitting nutzen, haben keine Kinder im Haus. Die spielen eh keine Rolle: steuerlich am meisten profitiert die Alleinverdiener-Ehe. „Das setzt falsche Anreize“, erklärt der Direktor des Münchner Max-Planck Instituts für Steuerrecht, Kai Konrad. „Es trägt dazu bei, einen der Partner in die Nicht- oder Teilzeitbeschäftigung zu treiben.“ Das kann böse enden. „Er ist Medizinstudent, sie Krankenschwester“, bringt Konrad als Beispiel. „Sie füttert ihn im Studium durch. Er wird Assistenzarzt. Sie bekommt die Kinder, bleibt daheim. Er macht Karriere, verliebt sich in die junge Assistenzärztin, lässt sich scheiden. Sie ist 45, nicht mehr arbeitsmarktfähig und droht zu verarmen.“

Mit der Abschaffung des Splittings alleine sei es aber nicht getan. Der Steuerexperte fordert weitgehende Änderungen im Steuer- und Sozialrecht. „Würde sich ein Ehepaar dann scheiden lassen, wäre es besser gestellt, weil Unterhaltspflichten steuerlich absetzbar sind.“

Eine psychologische Bremse für Ehefrauen, die wieder in den Beruf einsteigen wollen, sieht er in den Steuerklassen 3 und 5. Der gutverdienende Mann ist in der günstigen 3, die geringverdienende Frau muss die schlechte 5 nehmen. „Beide abzuschaffen, wäre ein wirksamer Effekt“, so der Steuer-Professor.

So werden Frauen vom Job abgehalten

Die Probleme des Ehegattensplittings: ein verheiratetes Paar profitiert auch ohne Kinder. Einem unverheirateten Paar bleibt selbst mit Kindern viel weniger. Verdient der Mann 60 000 Euro brutto im Monat, die Frau nichts, hat der Verheiratete im Jahr 5802 Euro mehr in der Tasche als der Unverheiratete. Das sind monatlich 483,50 Euro Unterschied. Auch eine  kinderlose Ehe wird so in 30 Jahren mit 174 060 Euro subventioniert. Das hat Heide Härtel-Herrmann vom Frauenfinanzdienst Köln errechnet.

Dazu spart die Ehefrau zusätzlich bei der Krankenund Pflegeversicherung in 30 Jahren 54 817 Euro, weil sie beim Mann mitversichert ist. Nichtverheiratete ohne Einkommen müssen dagegen 152,27 Euro im Monat zahlen.

Besonders drastisch wird’s, wenn erst der Tod die Ehe scheidet: Da kann die Ehefrau als Witwe mehr Rente bekommen als eine Alleinerziehende, die monatlich rund 2000 Euro brutto verdient und 45 Jahre lang eingezahlt hat. Für Ehen, vor 2002 gibt es 60 Prozent Witwenrente. Ist die Frau 63 Jahre, wenn ihr Mann stirbt, hat er sich eine Monatsrente von gut 1600 Euro aufgebaut. Das macht für sie monatlich rund 970 Euro lebenslang. Geht die Alleinerziehende mit 63 in Rente, kommt sie nur auf rund 840 Euro.

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