Seehofer: Volksabstimmung über Euro-Rettung
Bayerns Ministerpräsident Seehofer sorgt mit einem neuen Vorschlag für Wirbel: Die Bürger sollen über die Rettung der europäischen Währung abstimmen. Die Idee ist nicht neu.
Berlin – Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat sich dafür ausgesprochen, die Bürger über die Rettung der europäischen Währung abstimmen zu lassen. „Maßnahmen zur Euro-Rettung könnten Gegenstand von Volksabstimmungen sein. Bei einer bestimmten Größenordnung von Bürgschaften für Schuldenstaaten sollte das Volk befragt werden“, sagte Seehofer der in Berlin erscheinenden Tageszeitung „Welt am Sonntag“. „Diese Kontrolle der Macht durch die Bürger halte ich für sehr wichtig.“
Bereits im November hatte unter anderen CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt eine Befragung der Bürger bei wichtigen Fragen zu Europas Zukunft gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lehnte Volksabstimmungen über die Europa-Politik der Bundesregierung dagegen ab. Volksabstimmungen in Deutschland über Grundfragen Europas seien „ein guter Weg, die europäische Idee näher an die Bürger heranzubringen“, sagte Seehofer. „Dieses Instrument sollte im Grundgesetz verankert werden.“ Es gebe auch bei unpopulären Themen die Chance, die Zustimmung der Bürger zu gewinnen. „Man muss sich nur den Mühen der Begründung und der Transparenz unterziehen.“ Das Volk sei klug genug, auch über schwierige Fragen abzustimmen. „Es gibt so etwas wie kollektive Intelligenz.“
Der Vorsitzende der bayerischen SPD, Florian Pronold, spottete, Seehofer sei offenbar nervös. Die CSU habe jeden Vorstoß der SPD im Bundestag abgelehnt, Volksentscheide ins Grundgesetz aufzunehmen. „Im Bundestag stimmt die CSU bei der Euro-Rettung allem zu. Und in München tut Seehofer so, als hätten sie damit nichts zu tun“, sagte der Vize-Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion weiter. Das sei populistisch und nicht hilfreich. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger bezeichnete Seehofer wegen seines Vorschlags als „Dampfplauderer“. „So wünschenswert dies wäre, aber die Deutschen wurden schon bei der Euro-Einführung unter CSU-Finanzminister Waigel nicht gefragt, und sie werden auch jetzt wieder nicht gefragt, wenn der Euro unter tatkräftiger Mitwirkung der CSU ruiniert wird“, erklärte Aiwanger.
Der Präsident des Europäischen Parlamentes, Martin Schulz, wandte sich gegen eine rasche Einführung von Volksabstimmungen. Es sei an der Zeit, „die Rechte derjenigen zu stärken, die innerhalb der EU als einzige direkt von den Bürgern ihren Auftrag erhalten haben: das Europäische Parlament“, sagte Schulz der Zeitung. Danach freue er sich auf eine „notwendige Debatte über Volksabstimmungen auf nationaler und europäischer Ebene“.
Dobrindt hatte im November den Willen seiner Partei bekundet, die Bürger bei wichtigen Fragen zu Europas Zukunft mit Volksabstimmungen in Entscheidungen einbeziehen. Merkel lehnte die Forderungen nach einer Volksabstimmung über die Europa-Politik der Bundesregierung damals ab.