Seehofer und Söder planen: Steuerparadies Bayern

MÜNCHEN Eigentlich reden Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und sein Finanzminister Markus Söder gerne mit, wenn’s in Deutschland in Sachen Steuern heiß her geht. Bei der jüngsten Debatte um Steuerparadiese aber halten sich die beiden CSU-Politiker auffallend zurück. Das hat einen Grund. Seehofer und Söder sitzen im Glashaus. Seit gut einem Jahr planen sie selber, Bayern zum Steuerparadies zu machen – ganz nach dem Vorbild der Schweiz.
Das schwarze Duo will Steuern regionalisieren. Jedes Bundesland soll nach ihren Vorstellungen die Erbschaftssteuer selber festlegen und bei der Einkommensteuer Zu- oder Abschläge erheben können. „Bayern-Tarif“ lautet ihr Zauberwort. Von dem sollen vor allem die Reichen profitieren, die damit aus der ganzen Republik in den Freistaat gelockt werden sollen.
Hier können sie sich dann im weiß-blauen Steuerhimmel fühlen. Denn in Bayern wartet noch ein weiteres Plus: Nirgendwo sonst sind im Verhältnis so wenige Steuerfahnder unterwegs. Nirgendwo sonst werden die Steuererklärungen so wenig kontrolliert. Und: Bayern kauft auch keine CDs mit Steuersündern. In Sachen Steuern war der CSU schon immer ein unternehmerfreundliches Klima ganz wichtig.
Warum also in die Ferne schweifen – wenn’s auch zwischen Donau und Alpen so paradiesisch sein könnte? Das Angebot des CSU-Duos klingt für die Steuerfüchse unter Deutschlands Reichen betörend. Im Freistaat wollen Seehofer und Söder die Erbschaftssteuer halbieren und den Einkommenssteuersatz um drei Prozent senken. Das haben sie zuletzt vor zwei Wochen erklärt, als sie beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht haben.
Allein schon die Hälfte der Erbschaftssteuer wäre für Deutschlands Superreiche eine große Verlockung, ihren Wohnsitz nach Bayern zu verlegen: Bei einem Nachlass ab 26 Millionen Euro werden Ehepartner, Kinder, Enkel und Eltern bundesweit mit 30 Prozent Erbschaftssteuer zur Kasse gebeten. In der CSU-Steueroase könnten sie sich dann mindestens 3,9 Millionen Euro sparen.
Damit nicht genug. Auch bei der Einkommensteuer will sie der bayerische Fiskus schonen. 2007 führte die damalige große Koalition in Deutschland eine Reichensteuer ein: Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent wurde erhöht auf 45 Prozent für Ledige ab einem zu versteuernden Einkommen von rund 250 000 Euro und Ehepaare ab 500 000 Euro. Rund 45 000 Deutsche sind von der Reichensteuer betroffen. Im Steuerparadies Bayern wären sie nach Seehofers und Söders Plänen davon wieder befreit. Bei einem Jahreseinkommen von eine halben Million Euro macht das jährliche mindestens 15 000 Euro aus.
Aber auch den Durchschnittsverdienern will Söder ein Zuckerl hinwerfen und die „Kalte Progression“ abmildern. Ein Arbeitnehmer mit einem Jahresbruttolohn von rund 40<TH>000 Euro zahle in drei Jahren rund 404 Euro weniger Lohn- und Einkommenssteuer, stellte der Finanzminister im Herbst seine Pläne beim Kongress „Moderne Steuerpolitik für Bürger und Wirtschaft“ in Nürnberg vor. Das wären 134,60 Euro im Jahr.
Finanziert werden soll der weiß-blaue Steuerhimmel aus niedrigeren Zahlungen in den Länderfinanzausgleich. Verschuldete Länder könnten dann ja auch höhere Steuern verlangen, argumentiert Söder. „Grün-Rot in Stuttgart kann sie ja gerne erhöhen.“
Allerdings hat der Traum von der Mir-san-mir-Steueroase einen Haken. Seehofer muss seinen Plan erst mit den Koalitionspartnern und Bundesländern aushandeln. Über eine Regionalisierung der Steuern entscheiden Bundestag und Bundesrat. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat schon abgewunken. Im Bundesrat haben die SPD-regierten Länder die Mehrheit.
Andere Länder dagegen wollen nicht länger ein Steuerparadies sein. Luxemburgs Finanzministers Luc Frieden erklärte jetzt, den bisher erbitterten Widerstand gegen die automatische Weiterleitung von Bankdaten ausländischer Anleger an ihre Heimat-Behörden aufzugeben. Der Sinneswandel könnte auch Folgen für Anleger von Schwarzgeld in Österreich