Seehofer und Samaras: Ziemlich beste Feinde
Lange galt er der CSU als verhasster Schmarotzer, jetzt ist er ein umhätschelter Gast: Seehofer empfängt Samaras zum Abendessen. Einer darf nicht an den Tisch: Finanzminister Söder.
MÜNCHEN Erst hat er eine rote Linien nach der anderen gegen die Griechen aufgestellt. Jetzt rollt Horst Seehofer für Griechenlands Premier Antonis Samaras den roten Teppich aus. Es ist ihre erste Begegnung und gleich eine große Versöhnung.
„Welcome to Munich“, empfängt der bayerischen Ministerpräsident am Sonntagabend seinen Staatsgast im dichten Schneetreiben vor dem Prinz-Carl-Palais. „Ich freue mich“, säuselt er. Und fragt: „Kennen Sie Schnee in Griechenland auch?“ Samaras flötet zurück: „Bei uns bedeutet Schnee Glück.“
Glücklich soll die Beziehung zwischen Hellas und Bayern nun werden. Kein Wort mehr über das Mobbing der vergangenen Monate. Als „Fass ohne Boden“, hatte Seehofer die Griechen beschimpft.<MD> Mit einem „Exempel“ und „Seil abschneiden“ durfte sein Finanzminister Markus Söder im Sommer drohen und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt gegen den „Hängematten-Club“ giften, den man aus dem Euro werfen müsse.
„Ich schaue ausschließlich in die Zukunft“, sagt Seehofer. Vor der Staatskanzlei und dem Prinz-Carl-Palais wehen die griechischen Fahnen. Mit einem Regierungs-Jet ist Samaras in München gelandet und bekommt alle Ehren: Im Amtssitz des bayerischen Ministerpräsidenten kann sich der Griechen-Premier ein bisschen wie daheim fühlen. An den Wänden des Prinz-Carl-Palais hängen griechische Landschaften des bayerischen Malers Carl Rottmann. König Ludwig I. hatte sie einst in Auftrag gegeben.
Erst trägt sich Samaras ins goldene Gästebuch der Staatsregierung ein. Danach zieht sich Seehofer mit ihm zu einem Arbeitsessen zurück. Mit am Tisch sitzen dürfen Reinhold Bocklet und Christine Haderthauer. Samaras hatte sich die „charmante Sozialministerin“ ausdrücklich gewünscht. IHK-Präsident Erich Greipl (70) ist geladen, CSU-Europagruppenchef Markus Ferber und Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP). Samaras hat seinen Finanzminister Joannis Strournaras dabei. Seehofer hat den seinen verbannt: Markus Söder muss draußen bleiben. Er nutzt die freie Zeit, um mit Sohn Simon auf eine Weihnachtsfeier zu gehen.
Alle Spannungen sollen abgebaut werden bei Ochsenschwanz-Consommée, krossem Zander und bayerischer Hofente. Mit Eis vom griechischen Joghurt, Honig und Nüssen zum Apfelstrudel wird Samaras zum Abschied der Abend noch versüßt.
Nicht schnell genug hatte es Seehofer gehen können, dass der Grieche seiner Einladung folgt. Als Haderthauer Anfang November als Schirmherrin eines Hilfsprojekts bei Samaras in Athen war, hatte ihr Seehofer aufgetragen ihm auszurichten, er solle noch vor Weihnachten kommen.
Eingefädelt hatte den Besuch der einstige Europaminister und derzeitige Landtagsvize-Präsident Reinhold Bocklet. Beim Kongress der europäischen Volkspartei in Bukarest war Samaras auf ihn losgegangen. Er wolle nach Bayern kommen und mit Seehofer reden. Das war zwei Tage vor dem CSU-Parteitag im Oktober. Auf dem vollzog der CSU-Chef eine Kehrtwende. Plötzlich mochte er die Griechen, lobte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sie bei der Euro-Rettung alles „goldrichtig“ gemacht habe.
Der Hintergrund: Die Kanzlerin steht mit ihrem Griechenland-Kurs in den Umfragen bei den Wählen besser da, als die CSU. Da passte Seehofer ein Treffen mit Samaras perfekt ins Konzept. Sofort ließ er eine Einladung nach Athen schicken.
Zum Abschied versagt dann noch das Mikrofon, vor das beide treten. Seehofer spricht von eimem „neuen Kapitel“ das nun aufgeschlagen werde. Vom „höchsten Respekt“, den er vor den Griechen habe. Dass er Sameras „weitere Unterstützung“ der bayerischen Staatsregierung zusagte. Und dass er im Mai oder Juni nach Athen reisen werde. Samaras dankt Seehofer für sein „großes Verständnis“. Er will wieder kommen: „Zum Oktoberfest.“