Seehofer: Sein bizarrer Auftritt im "heute journal"
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat mit einem spektakulären TV-Interview im "heute journal" für Aufsehen gesorgt - Norbert Röttgen kam dabei nicht gut weg.
Berlin - In der Berliner Koalition knirscht es nach dem Wahldebakel für die CDU in Nordrhein-Westfalen gewaltig. CSU-Chef Horst Seehofer verlangte am Dienstagabend im ZDF ein Treffen der drei Parteivorsitzenden von CDU, CSU und FDP. Schwere Vorhaltungen richtete Seehofer an die Adresse von Bundesumweltminister Norbert Röttgen, dem gescheiterten CDU-Spitzenkandidaten in NRW. Seehofer bezeichnete den NRW-Wahlausgang als Desaster für die CDU. „Das hatte viele Ursachen in NRW selbst, zum Beispiel, dass man sich nicht voll für dieses Land entschieden hat“, sagte der CSU-Chef im „heute journal“ des ZDF.
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„Ich hab ihm gesagt, das ist nicht ihre Privatentscheidung, ob Sie nach NRW gehen oder nicht. Das trifft die ganze Union. Wenn Sie das nicht korrigieren, dann wird es uns hart treffen und genauso ist es gekommen.“ Die Wahlchancen der Union seien „wie ein Eisbecher in der Sonne geschmolzen“. „Das war ein ganz großer Fehler“, rügte Seehofer. Ein Teil der Äußerungen Seehofers fielen in einem Nachgespräch von Moderator Claus Kleber mit dem CSU-Vorsitzenden. Auch das könne man aber senden, sagte Seehofer.
Seehofer verlangte zugleich Konsequenzen für die Arbeit der schwarz-gelben Koalition nach der NRW-Wahl. Die Koalition habe noch große Projekte zu bewältigen wie die Energiewende. Auch der Streit um das Betreuungsgeld müsse gelöst werden. Der bayerische Ministerpräsident verwies zudem auf die im Bundesrat gestoppte Steuerentlastungen und die Beseitigung des Investitionsstaus in der Verkehrsinfrastruktur. Der CSU-Chef schlug daher ein Treffen mit CDU-Chefin Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler vor.
Am Wochenende hatte Seehofer noch gedroht, an keinem Koalitionsausschuss mehr teilzunehmen, wenn alte Beschlüsse wie zum Betreuungsgeld nicht umgesetzt würden. Seehofer versicherte, er sei ein Anhänger der Koalition. Er wolle sie auch fortsetzen. Die FDP stabilisiere sich. Die Union müsse sich mehr in Richtung 40 Prozent bewegen und nicht in Richtung 30 Prozent. „Ich will den Erfolg der Koalition und keinen Ärger machen“, versicherte Seehofer.
In der FDP wächst unterdessen der Unmut über Seehofer. Mit Blick auf Seehofers Boykottdrohung sagte der Chef der Jungliberalen, Lasse Becker, der „Bild“-Zeitung: „Horst Seehofer verhält sich wie im Kindergarten. Er spielt mit dem Erfolg der Koalition und sollte daher schnell aus der Schmollecke kommen.“ Auch FDP-Vorstandsmitglied Katja Suding mahnte: „Herr Seehofer wäre gut beraten, die Mätzchen zu lassen. Sich der Arbeit zu verweigern, ist verantwortungslos.“
Vorwürfe muss sich Röttgen derweil auch vom Wirtschaftsflügel der Union gefallen lassen. „Es war ein Riesenfehler, nicht voll nach NRW zu gehen, der Wähler will jemanden ganz oder gar nicht“, sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs im Deutschlandfunk.
Zwar wertete Fuchs den Wahlausgang in NRW als „regionales Ereignis“. Dennoch müsse die Partei nachdenken, ob sie im Bund alles richtig mache. So müsse die CDU zeigen, dass sie „die Partei der Wirtschaft“ sei, die für Wachstum und niedrige Arbeitslosigkeit gesorgt habe.