Seehofer offen für Änderungen an Maut-Plänen

Werden die Pläne von Verkehrsminister Dobrindt für eine Komplett-Maut auf jeder Straße in Deutschland noch aufgeweicht? CSU-Chef Seehofer will geforderte Nachjustierungen jedenfalls nicht mehr ausschließen.
von  dpa

Berlin - Nach massivem Widerstand in der Schwesterpartei CDU zeigt sich CSU-Chef Horst Seehofer überraschend offen für Änderungen an der geplanten Pkw-Maut auf dem ganzen deutschen Straßennetz. "Die Maut wird kommen", sagte der bayerische Ministerpräsident in einem Interview mit Sat.1 Bayern. "Wie das am Ende ausgehen wird, für alle Straßen oder einen Teil der Straßen, das werden wir sehen." Dies sei Gegenstand einer Diskussion, die bis Ende September abgeschlossen sein solle. "Dann wird ein Ergebnis vorliegen." Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) lehnt Ausnahmen etwa für Straßen in grenznahen Regionen bisher ab. Die Opposition spricht von Maut-Chaos.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) sagte am Donnerstag in Berlin: "Bis Ende des Jahres werden wir eine Lösung haben, mit der alle gut leben können." Zu Spekulationen über eine möglicherweise nur auf Autobahnen und Bundesstraßen begrenzte Maut sagte er: "Mir sind keine Äußerungen oder Änderungen an dem Programm bekannt." Die "Augsburger Allgemeine" (Donnerstag) hatte unter Berufung auf CSU-Kreise berichtet, dass sich ein solches Modell als möglicher Kompromiss abzeichne. Auch Dobrindt sagte jedoch der Zeitung: "Wir erarbeiten gerade einen Gesetzentwurf auf Basis des vorgestellten Konzeptes. Etwas anderes ist nicht bekannt."

In Teilen der CDU gibt es erheblichen Widerstand gegen die geplante Vignettenpflicht auf sämtlichen Straßen. Bedenken haben vor allem die großen CDU-Landesverbände Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz, aber auch bayerische Kommunen. Befürchtet werden negative Effekte auf Wirtschaft und Tourismus in grenznahen Regionen. Dobrindt hatte solche Sorgen zurückgewiesen. Er plant die Maut auch deswegen für alle Straßen, um Ausweichverkehr zu vermeiden.

CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagte der Nachrichtenagentur dpa: "Man muss dazu mahnen, dass jetzt dieses leidige Sommertheater und Vielstimmigkeit ein Ende haben und wir uns auf die harte parlamentarische Arbeit konzentrieren." Nun folge die Ressortabstimmung zwischen den Bundesministerien, dann werde zügig ein Gesetzentwurf erarbeitet, "wie seit Jahrzehnten in vielen anderen politischen Themen auch". Im parlamentarischen Verfahren werde es "natürlich einen offenen und transparenten Dialog" zu Detailfragen geben. Scheuer bekräftigte zugleich: "Die Pkw-Maut ist ein Projekt der Koalition."

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sagte, Seehofer und Dobrindt sollten "die Autofahrer und Steuerzahler erlösen und einfach aufgeben". Es sei bezeichnend, wenn jetzt Fachpolitiker entscheiden sollten. "Unsinn bleibt Unsinn."

Linke-Verkehrsexperte Herbert Behrens sagte mit Blick auf weitergehende Überlegungen der Bundesregierung für private Infrastruktur-Investitionen: "Die Ansage, kein deutscher Autofahrer soll durch eine Maut mehr belastet werden, wird nicht haltbar sein." Es gehe um eine Maut für alle, wenn Privatkapital und Investmentfonds auf öffentliche Straßen zugriffen.

Unabhängig von der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maut prüft das Finanzministerium neue Möglichkeiten, privates Geld für Bauvorhaben zu aktivieren. Nach Informationen der "Welt" (Donnerstag) erwägt das Ressort dafür eine Grundgesetzänderung. Über Investitionen in die Infrastruktur wollen Dobrindt und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach Angaben aus Unionskreisen an diesem Freitag sprechen.

 

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