Seehofer-Nachfolge: Ilse Aigner will auf den Thron

München - Öffentlich ausgesprochen hatte Ilse Aigner ihren Anspruch auf die Nachfolge des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Horst Seehofer bisher nicht. Deshalb war es eine Premiere, als sie nun in einem Interview mit der „Augsburger Allgemeinen“ erklärte: „Ich glaube, dass ich es könnte. Ich glaube, dass es Bayern gut tun würde“.
Es hatte einiges passieren müssen, bis die bayerische Wirtschaftsministerin sich so aus der Deckung traute. Das Fass zum Überlaufen brachte wohl, dass Rivale und Finanzminister Markus Söder (CSU) sich ganz ungeniert auf einer Pressekonferenz mit Fragen der Stromtrassenführung beschäftigte – ein Bereich, der in die Kompetenz Aigners fällt.
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Das war dann selbst für die stets freundlich lächelnde Oberbayerin, die nach eigenen Angaben „relativ lang relativ viel runterschluckt“, zuviel. In der darauf folgenden Sitzung des Kabinetts brachte sie die absprachelose Kompetenzeinmischung zur Sprache.
Vielleicht hat auch die Titulierung als „Kellerprimel“ durch „Mama Bavaria“ beim jüngsten Starkbieranstich zum Aigner’schen Paukenschlag nach dem Motto „Ich bin auch noch da“ geführt. Jedenfalls brachte sich Aigner als anständige Alternative zu Söder wieder ins Gespräch. Sie kämpfe für ihre Kandidatur, „aber nicht ohne Rücksicht und mit allen Mitteln“, so die 51-Jährige.
"Quatschi, Quatschi, Quatschi"
Ministerpräsident und CSU-Chef Seehofer hat derzeit freilich andere Sorgen und äußerte sich genervt über das „Quatschi, Quatschi, Quatschi“ in seiner Partei. Nach den Wahlniederlagen der CDU sieht Seehofer den „Bestand der Union“ in Frage gestellt (AZ berichtete). Für Personaldebatten sei jetzt weder Zeit noch Kraft übrig.
Wenn Aigner nun in Sachen Nachfolge aus der Deckung kommt, könnte das dennoch zumindest mit stillschweigender Unterstützung Seehofers geschehen, wird in München spekuliert. Denn dass sich der amtierende CSU-Machthaber beinahe jeden anderen außer Söder lieber als Nachfolger wünscht, ist ein offenes Geheimnis. Schon wurde gestreut, dass Seehofer als Parteichef noch um ein Jahr länger als bisher angekündigt – also bis 2018 – im Amt bleiben möchte, um Söder zu verhindern. Die Gerüchte wies der 66-Jährige allerdings zurück.
Der Konflikt zwischen den beiden „von sich selbst überzeugten Machtspielern“ Seehofer und Söder beschädige „angesichts substanzieller politischer Probleme“ beide, sagt Politologe Heinrich Oberreuter der AZ. In diesem Fall könnte Aigner tatsächlich „die Alternative zu den beiden Alphatieren“ sein.