Seehofer lässt seinen treuen Knappen wählen
Thomas Kreuzer ist jetzt CSU-Fraktionschef – Aigner und Söder kommen ins Kabinett
MÜNCHEN Die erste Nachricht kam per Twitter aus der CSU-Fraktion: „Gratulation für Thomas Kreuzer. Alles Gute :-)“. Die Satzzeichen am Ende sind ein Smiley, ein lachendes Gesicht. In sein Handy getippt hat das Markus Söder.
Söder kann jetzt triumphieren. Lange war Ilse Aigner, seine schärfste Konkurrentin im Kronprinzenduell, für den Posten der CSU-Fraktionschefin im Landtag gehandelt worden. Dem mächtigsten Amt, das die CSU nach dem Ministerpräsidenten zu vergeben hat. Horst Seehofer aber hat am Mittwoch seinen bisherigen Staatskanzleichef Thomas Kreuzer den CSU-Abgeordneten vorgeschlagen. 96 der 100 Anwesenden haben brav für ihn gestimmt.
Für zweieinhalb Jahre ist nun vorerst Ruhe. Und das Kronprinzenpaar auf Augenhöhe unter Seehofers Kontrolle. Mitte der Legislaturperiode wird der Fraktionsvorstand wieder neu gewählt.
Der ehemalige Staatsanwalt und Richter aus Schwaben gilt als „weiche Lösung“. Für den 54-Jährigen ist der Chefposten der Regierungsfraktion das Höchste. Er hat keine Ambitionen, Seehofer auf den Bayern-Thron zu folgen.
Erst zu Beginn der Sitzung hat Seehofer den Abgeordneten mitgeteilt, wen sie wählen dürfen. Es würde niemand verstehen, wenn es nach diesem Wahlsieg nun zu einer Kampfabstimmung kommen würde, erklärte er ihnen. Von sieben Uhr abends bis Mitternacht sei er letzte Woche mit Ilse Aigner und Markus Söder zusammengesessen. Nicht weil sie so gestritten hätten, sondern weil sie so lange die gemeinsame Strategie diskutiert hätten. Dabei seien sie übereingekommen, dass beide in sein Kabinett gehen und „bedeutende Ministerien“ bekommen. Welche, sagte Seehofer den Abgeordneten nicht.
Die gehen aber schon davon aus: Söder bleibt Finanzminister und bekommt neue Aufgaben dazu. Aigner soll als Wirtschaftsministerin auch die Energiewende organisieren. Da kann sich der Franke entspannt zurücklehnen und schauen, wie sie diese Herkulesaufgabe meistern wird.
Gut gelaunt verließ Seehofer als erster die Sitzung, um seinen neuen Fraktionschef der Öffentlichkeit zu präsentieren: „Jeder ist noch am Leben, alle sind bei guter Gesundheit.“ Kreuzer drängte sich dicht an Seehofer. Gleich dahinter folgte Söder mit breitem Grinsen. Aigner war nicht zu sehen. Als die beiden später zusammenstehen, feixt Seehofer: „Ihr geht schon wieder im Pärchen, das erschreckt mich. Rudelbildung wird künftig verboten. Ich kann nur Einzelgänger gebrauchen.“
Kreuzer, Bruder der BR-Sportmoderatorin Marianne Kreuzer, genießt seine neue Position. Über den Klee hatte ihn Seehofer als seine „Allzweckwaffe“ gelobt. Lange war der begeisterte Golfspieler kurz unter der Spitze der CSU-Fraktion geparkt: als Vize und Parlamentarischer Geschäftsführer.
Erst nachdem er als Chef des Untersuchungsausschusses zum Milliardendesaster der Landesbank sein Talent als Krisenmanager unter Beweis gestellt hatte, bekam er die Beförderung. Im März 2011 wurde Kreuzer für acht Monate Staatssekretär im Kultusministerium. Im November holte ihn Seehofer als Staatskanzlei-Minister. Effektiv und geräuschlos musste der Schwabe im Frühjahr die Verwandtenaffäre, die die CSU ganz schön in Bedrängnis gebracht hatte, erledigen.
„Die Fraktion hat die Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren. Das möchte ich ausdrücklich“, verkündete der Alleinherrscher. Er habe da nichts verordnet, versicherte Seehofer. „Wir haben das alles im Dialog entwickelt.“ Kreuzer sagte mit tiefer Stimme und schwäbischer Tonlage: „Das gibt uns die Verfassung auf, dass das Parlament die Regierung kontrolliert. Das werden wir wahrnehmen, und zwar effektiv, darauf können Sie sich verlassen.“ Danach ging er mit der Fraktionsgeschäftsstelle erst mal auf die Wiesn ins Schottenhamel-Zelt. Prost!