Seehofer: Jetzt mit Engelszungen

Wochenlang hatte CSU-Chef Horst Seehofer seine Partei auf Krawall gegen die Kanzlerin getrimmt. Jetzt heißt es: Kommando zurück. Nun will der bayerische Ministerpräsident alle mit Harmonie beglücken.
von  Abendzeitung
CSU-Chef Horst Seehofer kritisiert Bundesfinanzminister Peer Steinbrück
CSU-Chef Horst Seehofer kritisiert Bundesfinanzminister Peer Steinbrück © dpa

Wochenlang hatte CSU-Chef Horst Seehofer seine Partei auf Krawall gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel getrimmt. Jetzt heißt es: Kommando zurück. Nun will der bayerische Ministerpräsident alle mit Harmonie beglücken.

BAD STAFFELSTEIN Wochenlang hatte CSU-Chef Horst Seehofer seine Partei auf Krawall gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel getrimmt. Jetzt heißt es: Kommando zurück. Nun will der bayerische Ministerpräsident alle mit Harmonie beglücken. Denn vor der Vorstandsklausur im fränkischen Kloster Banz hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel Seehofer in einem Vier-Augen-Gespräch kräftig ins Gebet genommen.

Die CDU-Vorsitzende verlangte, von der CSU-Klausur dürfe kein Signal des Konflikts zwischen den Schwesterparteien ausgehen. Seehofer gehorchte und gab am Wochenende hinter den dicken Klostermauern, in denenen einst die Gemeinschaft von den heiligen Engeln residierte, den Befehl: „Wir können Bundeskanzlerin Angela Merkel doch nicht bloßstellen!“

Damit es keine Streitereien mehr gibt

Jetzt ist die CSU wieder ganz brav und hat in Banz ihr Gesundheits- und Steuerkonzept eilig glattgebügelt, damit es keine Streitereien mehr gibt. Statt vorpreschen und anecken sollen die schwarzen Truppen aus Bayern nun mit der großen Schwester CDU in aller Harmonie in den Wahlkampf ziehen. „Eine Wiederholung der Auseinandersetzung von 2004 darf es nicht geben“, sagte Seehofer den überraschten Mitgliedern des Partei-Vorstandes. Damals hatten sich die beiden Schwestern mit Edmund Stoiber und Bundeskanzlerin Angela Merkel an der Spitze wegen der Gesundheitspolitik gnadenlos abgewatscht.

Seinen Gesundheitsminister Markus Söder ließ Seehofer in Banz im Regen stehen. Ihn hatte er zum Angriff auf den Gesundheitsfonds als Speerspitze vorausgeschickt und vollmundig fordern lassen: „Der Fonds muss weg.“ Davon ist nun nicht mehr die Rede. Das CSU-Gesundheitspapier wurde wachsweich formuliert. Auch beim Steuerkonzept knickte Seehofer ein. Zwar will die CSU auch weiterhin „Mehr Netto für alle“, doch sagt sie jetzt nicht mehr, wann und wie viel. Von der Wiedereinführung der Eigenheimzulage ist nicht mehr die Rede. Alles ganz nach dem Wunsch der Kanzlerin.

Nur bei ihrem Europawahlprogramm bleibt die CSU dabei: Sie will bei wichtigen EU-Entscheidungen eine Volksabstimmung in Deutschland. Die Kanzlerin will das nicht. Sorgen um ihren Wiedereinzug ins Europaparlament müsste sich die CSU nicht machen - wenn es nach der Stimmungslage im Kloster Banz ginge.

„Ihr seid unsere letzte Bastion“

Hausärzte-Chef Wolfgang Hoppenthaler, der bei der Landtagswahl noch Plakate gegen die CSU geklebt hatte, lobte die Parteigranden jetzt über den grünen Klee: „Sie sind die einzigen, die sich um die Ärzte kümmern.“ Bauernchef Gerd Sonnleitner säuselte: „Ohne die CSU gäbe es keine Bauern mehr.“ Dabei hatten gerade die Bauern bei der Landtagswahl der CSU die Gefolgschaft versagt. Und Vertriebenen-Chefin Erika Steinbach preiste die CSU-Spitzenvertreter: „Ihr seid unsere letzte Bastion.“

Manchem Klausurteilnehmer wurde es bei so viel Harmonie und Schulterschluss mit der Kanzlerin und den bisherigen Kritikern schon Angst und Bange. Sarkastisch berichteten sie der AZ: „Da müssten uns ja jetzt 120 Prozent der Bauern, Ärzte und Vertriebenen bei der Europawahl ihre Stimme geben.“

Vielleicht glauben das auch schon Horst Seehofer und sein Generalsekretär Alexander Dobrindt. Denn der Europawahlkampf wird in der Landesleitung ganz gemächlich angegangen. Die CSU sei die „Denkfabrik“ der Union, gab der General in Banz aus. Ein Parteigrande dagegen zur AZ: „In der Landesleitung haben wir doch jetzt ein Kindercamp und keinen Think Tank.“

Angela Böhm

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