Seehofer: Hartz-IV-Gesetze sind "Murks"

MÜNCHEN - CSU-Chef Horst Seehofer verlangt eine Revision des Arbeitslosengeldes II. Die bisherigen Regelungen seien "eines Sozialstaates unwürdig". Höhere Kosten für den Bund seien bei einer Neuregelung nicht auszuschließen.
CSU-Chef Horst Seehofer fordert nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Höhe der Hartz-IV-Sätze eine grundlegende Neuregeleung des Arbeitslosengeldes II. „Wir müssen Hartz IV auch generell einer Revision unterziehen“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Süddeutschen Zeitung“ vom Donnerstag. So sollten die Zahlungen zum Beispiel an die regional unterschiedlich hohen Lebenshaltungskosten angepasst werden können. Auch müsse es künftig wieder möglich sein, Hartz-IV-Empfängern Einmalzahlungen für einmalige Anschaffungen wie etwa Waschmaschinen zukommen zu lassen.
Seehofer kritisierte die Hartz-Gesetze scharf, die damals auch mit Zustimmung der Union verabschiedet wurden. "Was damals nächtens im Vermittlungsausschuss parteiübergreifend zusammengezimmert wurde, ist absoluter Murks", schimpfte der Ministerpräsident. Die bisherigen Regelungen seien "eines Sozialstaates unwürdig".
Insgesamt rechne er damit, dass für den Bund höhere Kosten für Hartz IV entstehen werden, sagte der bayerische Ministerpräsident. "Wir dürfen da nicht nur nach Kassenlage entscheiden." Zugleich will Seehofer Hartz-IV-Empfänger strenger mit Leistungskürzungen bestrafen, wenn sie eine ihnen angebotene und zumutbare Arbeit ablehnen. Bislang sei dies im Gesetz nur "gummiweich" formuliert, so dass in Bayern beispielsweise sehr streng sanktioniert werde, in Berlin hingegen nicht. "Da brauchen wir striktere Regeln, die bundesweit einheitlich sind."
Abenteuerliche Diskussion
Von dem Vorschlag, Gutscheine statt Geld zu verteilen, hält der CSU-Chef wenig: "Das ist eine absolut abenteuerliche Diskussion". Dies könne man frühestens dann diskutieren, wenn die Höhe der Regelsätze geklärt sei. Die Debatte über Sach- statt Geldleistungen war unter anderem von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) angestoßen worden.
Am Dienstag hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die bisherige Berechnung der Hartz-IV-Sätze gegen das Grundgesetz verstößt. In einem Grundsatzurteil verlangten die Karlsruher Richter eine gesetzliche Neuregelung bis zum 1. Januar nächsten Jahres. Das Bundesverfassungsgericht ließ in seiner Entscheidung aber ausdrücklich offen, ob das Arbeitslosengeld II erhöht werden muss oder nicht. Überraschend kamen sie zu dem Schluss, dass nicht nur die Berechnungsmethode der Hartz-IV-Sätze für Kinder, sondern auch die der Erwachsenen gegen das Grundgesetz verstößt. (nz/apn)