Seehofer greift zum Befreiungsschlag
MÜNCHEN Am Ende fürchtet Horst Seehofer einen Flächenbrand und musste handeln:Seit zwei Wochen wird in Bayern um knapp 800 Lehrerstellen gestritten. Während der Ministerpräsident im Wahlkampf hoch und heilig versprochen hatte, dass es keinen Lehrer weniger in Bayern geben wird, war in seinem Staatshaushalt 2013/2014 die Streichung längst fixiert. Jetzt zieht Seehofer die Notbremse und gibt sogar noch eine Job-Garantie: Bis 2018 werden die Lehrerstellen nicht angetastet. „Seehofer will Ruhe“, heißt es in der Staatsregierung.
In der Sitzung der CSU-Fraktion sagte der Ministerpräsident am Mittwochnachmittag, es sei ein Befreiungsschlag notwendig. Das Thema sei rein argumentativ nicht zu beherrschen. Die Diskussion wurde ihm zu gefährlich. In vier Wochen sind in Bayern Kommunalwahlen.
Erst die Vollbremsung bei den Stromtrassen, jetzt bei den Lehrern. Vor der Fraktion hörte sich Seehofer noch ganz anders an. „Das ist kein Schwenk“, wiegelte er ab. Sondern? Eine „normale Anpassung“ an aktuelle Entwicklungen. Die bisherige Diskussion habe sich auf Dinge bezogen, die vor zwei Jahren beschlossen worden seien. „Es ist selbstverständlich, dass in einem Nachtragshaushalt was anderes steht, als im Ursprungshaushalt, das ist eine völlige Normalität.“
Vor zwei Wochen hatte Kultusminister Ludwig Spaenle die Streichung der Lehrerstellen offen eingeräumt. Opposition und Lehrerverbände gingen auf die Barrikaden. Von „Wahlbetrug“ war die Rede.
Seehofer verpasste dafür seinem „Superminister“ einen Verweis. Spaenle solle sich nicht in Einzelzahlen verstricken, sondern die großen Ziele darstellen. „Eine Kommunikationskatastrophe“ nannte das der Ministerpräsident öffentlich.
Dann begann das große Rechnen. Heraus kam ein Nullsummenspiel. Am Ende blieben 196 Lehrerstellen, die wegen zurückgehender Schülerzahlen wegfallen sollten. Weil aber an den Hochschulen neue Stellen kämen, blieben alle Stellen „im Bildungssystem“ im vollen Umfang erhalten. So lautete die Argumentation, die nicht mal mehr die CSU selber verstand.
Nun erklärt Seehofer seine Job-Garantie für die Lehrer als „eine Realisierung unserer Wahlaussagen“ und eine „Geste an alle Verantwortlichen im Bildungssystem“.
Die Opposition jubelt: „Es ist der SPD-Fraktion gemeinsam mit den Lehrerverbänden und Eltern gelungen, einen Meinungsumschwung herbeizuführen“, so der bildungspolitische Sprecher Martin Güll. Die Freien Wähler erklärten: „Die CSU hat versucht, die Bevölkerung an der Nase herumzuführen.“