Seehofer bürstet eigene EU-Abgeordnete ab

Nach den mauen Kommunalwahlen fürchtet der CSU-Chef um die Europawahlen
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Nach den mauen Kommunalwahlen fürchtet der CSU-Chef um die Europawahlen

München - Die Kommunalwahlen liefen für die CSU schlechter als erwartet – das weckt Befürchtungen vor der EU-Wahl. Heute soll Europa Thema im Landtag sein, Ministerin Beate Merk hält dazu eine Regierungserklärung. Vor allem Ministerpräsident Horst Seehofer zeigt Nerven.

Sie klopfte mit der Hand auf den Tisch, um Zustimmung zu signalisieren. Die galt dem Münchner EU-Abgeordneten Bernd Posselt. Der begehrte gegen CSU-Chef Seehofer auf und erklärte, warum man kein Verständnis für Putins Annektion der Krim haben dürfe. Die hatte Parteivize Peter Gauweiler in Absprache mit Seehofer am Aschermittwoch gefordert. Gerne hätte auch Angelika Niebler etwas gesagt. Doch Seehofer giftete, sie bekomme das Wort jetzt nicht, „weil sie davon nichts versteht“. So geht er mit seinen Mandatsträgern um.

Angelika Niebler (51), promovierte Juristin, ist immerhin Parlamentarische Geschäftsführerin der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament und in Bayern Chefin der Frauenunion. Die Szene spielte sich im letzten Parteivorstand ab. Der war am Tag nach den Kommunalwahlen und Seehofers Nervenkostüm angekratzt. Nicht in seinen Albträumen hätte er sich ausgemalt, dass unter seiner Führung die CSU in den Kommunen noch schlechter abschneidet als 2008 nach Stoibers Sturz.

Auch bei der Stichwahl wurde das CSU-Ergebnis nicht besser. Tags darauf zielte Seehofer wieder auf einen seiner EU-Abgeordneten. Diesmal auf Manfred Weber, CSU-Chef von Niederbayern und Fraktionsvize der konservativen Abgeordneten in Brüssel. Seehofer verkündete, dass Weber als Chef der CSU-Grundsatzkommission abgelöst werde. Er ließ durchblicken, dass er mit der Arbeit des Gremiums unzufrieden sei und es entscheidend verjüngen wolle.

Nun hatten sich Seehofer und Weber intern schon im Dezember geeinigt, dass der Niederbayer den Posten abgebe. Aber: Das sollte erst nach der EU-Wahl verkündet werden. Seehofers Vorpreschen dürfte nicht besonders dienlich sein für Webers Karrierepläne in Brüssel.

Doch offenbar denkt Seehofer jetzt nur an sich. Nach der Schlappe bei den Kommunalwahlen fürchtet er eine weitere Niederlage bei der EU-Wahl. Deshalb springt er mit seinen Europa-Abgeordneten um wie mit Praktikanten. Bisher hat die CSU acht Vertreter in Brüssel. Die Parteispitze rechnet damit, dass drei Mandate verloren gehen könnten. Bei der letzten EU-Wahl 2009 war die CSU in Bayern von 57 auf 48 Prozent abgestürzt. Und diesmal wird's noch schwerer. Nach Bund, Land und Kommunen sind die Bayern etwas wahlmüde, und auf EU-Ebene lag die Wahlbeteiligung schon letztes Mal nur bei 42,3 Prozent.

Dazu stellt Deutschland im neuen Parlament drei Abgeordnete weniger: 96 statt 99. Und: Das Bundesverfassungsgericht hat die Drei-Prozent-Klausel gekippt. Schon mit rund einem Prozent der Stimmen können Parteien einen Sitz ergattern. Umgerechnet auf die Wahl 2009 wären das acht Mandate gewesen – die gehen von den etablierten Parteien ab. Seehofer hat mit Gauweiler einen eingefleischten EU-Skeptiker zur Gallionsfigur des Wahlkampfes aufgebaut. „Die CSU darf nicht nur schimpfen, sie muss den Willen zur Gestaltung zeigen“, warnten die Europa-Abgeordneten Monika Hohlmeier und Manfred Weber im „Münchner Merkur“. Damit war Weber offenbar in Ungnade gefallen. Seehofer motzte, er brauche keine Belehrungen aus der Presse.

 

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