Sebastian Kurz: Eine Chance für den "Wunderwuzzi von Wien"

Sebastian Kurz ist Österreichs neuer Bundeskanzler. Viel Skepsis begleitet sein Regierungsbündnis mit der rechtspopulistischen FPÖ. Denoch haben Kurz und das Land eine Chance verdient, kommentiert AZ-Onlinechef Stephan Kabosch.
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Angekommen mit 31 Jahren: Sebastian Kurz unterschreibt bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Ernennungsurkunde zum Bundeskanzler Österreichs. Stephan Kabosch (kl. Bild) kommentiert das rechtskonservative Bündnis in Wien.
dpa, Von Loeper Angekommen mit 31 Jahren: Sebastian Kurz unterschreibt bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Ernennungsurkunde zum Bundeskanzler Österreichs. Stephan Kabosch (kl. Bild) kommentiert das rechtskonservative Bündnis in Wien.

Jetzt wird es ernst für den "Wunderwuzzi" von Wien, ab sofort muss Sebastian Kurz liefern. Seit Montag ist er Österreichs Bundeskanzler - mit 31 Jahren der jüngste in Europa. Dabei wird Kurz sein gesamtes politisches Ausnahmetalent aufbringen müssen, welches ihm seit bald 15 Jahren zugeschrieben wird: (über)ambitionierte Wahlversprechen umsetzen, die eigene Volkspartei (nach den Zumutungen, die er ihr in den letzten Monaten abverlangt hat) geschlossen auf Kurs und den Koalitionspartner im Zaum halten, berechtigte Bedenken des Auslands ob einer deutlich nach rechts gerückten Regierung zerstreuen. All dies eine Mammutaufgabe.

Ein Kabinett mit qualifizierten, jungen Quereinsteigern

Wie beschwerlich die Mühsal der Ebene nach dem Gipfel des Wahlsiegs für Sebastian Kurz werden wird, darauf gibt der Koalitionsvertrag einen Vorgeschmack. Da ist von manchem Versprechen nur die vollmundige Überschrift geblieben, unter der in den Details ein - wenn auch mitunter solider - Kompromiss steht. Und es wird in diesem "neuen Österreich" nicht nur Gewinner geben, sondern auch Verlierer. Dabei könnten wirtschaftspolitische Maßnahmen die klassische, weniger gut verdienende FPÖ-Wählerschaft überdurchschnittlich hart treffen.

Bereits eingelöst hat Sebastian Kurz sein Versprechen, der Jugend eine Chance zu geben. Er hat gemeinsam mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ein deutlich verjüngtes Kabinett gebildet - mit fachlicher Qualifikation zwar, aber eben auch aus politischen Quereinsteigern. Das ist mutig, aber nicht ohne Risiko.

Die FPÖ bestimmt über Polizei und Armee

Die größte Unberechenbarkeit ist natürlich Kurz' Koalitionspartner FPÖ. Dort sitzen vom Parteichef und Vizekanzler abwärts stramm rechte, deutschnationale Politiker. Strache, der schon im Wahlkampf betont gemäßigt und ohne die früheren Verbal-Ausfälle der FPÖ aufgetreten ist, muss nun den Drahtseilakt schaffen vom Oppositions-Populismus seiner Partei hin zur Gestaltungsverantwortung. Es geht um nicht weniger als die Einhaltung demokratischer, rechtsstaatlicher und moralischer Normen. Selbst der neue Kanzler scheint sich da nicht ganz sicher zu sein: Kurz hat sein Bekenntnis zu Europa dadurch manifestiert, dass er die EU-Agenden vom Außenministerium (das faktisch der EU-kritischen FPÖ zugefallen ist) in sein Kanzleramt verlagert hat. Dafür aber hat die Strache-Partei das Innen- und das Verteidigungsministerium bekommen - und damit die Hoheit über alle bewaffneten Einheiten, die "Dienste" und die Fremdenpolizei. Damit sind die Weichen gestellt für eine noch härtere Asyl- und Integrationspolitik.

Doch bei aller gebotenen Skepsis: dieses schwarz-blaue Bündnis entspricht dem Wählerwillen, es ist demokratisch legitimiert. Daher verdient Sebastian Kurz eine Chance, Österreich nach den lähmenden, blockierenden Jahrzehnten der Großen Koalition zu reformieren. Das Regierungsprogramm lässt jedenfalls darauf hoffen, dass es endlich zu einer Deregulierung, Bürokratieabbau und einer tatsächlichen Steuerreform kommt.

Aber genauso notwendig wird es sein, diese Regierung von Beginn an kritisch zu beobachten - im österreichischen Inland wie insbesondere auch im EU-Ausland.

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