Sebastian Edathy - ein harter Verdacht
BERLIN Ein harter Verdacht: Gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy wird wegen des Verdachts auf Kinderpornographie ermittelt. Das bestätigte die SPD-Fraktion in Berlin. Der 44-Jährige war am Wochenende aus „gesundheitlichen Gründen“ zurückgetreten. Er ist ein profilierter Innenexperte mit Schwerpunkt Kampf gegen rechts und hat sich als Chef des NSU-Untersuchungsausschusses parteiübergreifend viel Anerkennung erworben. Er selbst wies die Vorwürfe zurück: „Das ist unwahr.“ Auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Lesen Sie hier: Sebastian Edathy weist Verdacht auf Kinderpornografie zurück
Am Montag hatten Ermittler seine Privatwohnung in Rehburg und sein Wahlkreisbüro in Nienburg durchsucht, wie am Dienstagmorgen bekannt wurde, nach Informationen der ARD auch sein bisheriges Büro im Bundestag. Die Staatsanwaltschaft wollte nicht sagen, was dem SPD-Politiker vorgeworfen wird: „Zum Hintergrund der Ermittlungen kann ich nichts sagen. Ich gebe keine weiteren Stellungnahmen im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen ab“, so die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Hannover, Kathrin Söfker.
Es war dann SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Christine Lambrecht, die wenig später die Art der Vorwürfe öffentlich machte: „Wir sind alle sehr bestürzt. Die genannten Gründe, Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie, sind schwerwiegend.“ Die SPD-Fraktionsspitze sei am Montag Abend über die Ermittlungen gegen Edathy informiert worden.
Edathy hatte am Samstag überraschend mitgeteilt: „Ich habe mich aus gesundheitlichen Gründen entschieden, mein Mandat niederzulegen.“ Dieser Schritt wurde sofort wirksam. Am 17. Januar hatte er bei Facebook eine bis Ende Februar gültige Krankschreibung gepostet.
Wo er sich aufhält, war gestern unklar; daheim wurde er bei der Durchsuchung nicht angetroffen. Am Mittag postete er eine neue Nachricht bei Facebook: „Die öffentliche Behauptung, ich befände mich im Besitz kinderpornografischer Schriften bzw. hätte mir diese verschafft, ist unwahr.“ Und: „Die Tatsache, dass bei einer nur auf Mutmaßungen beruhenden gestrigen Hausdurchsuchung in meiner Privatwohnung die Lokalpresse zugegen war, nehme ich zum Anlass, Strafanzeige zu erstatten. Ich gehe davon aus, dass die Unschuldsvermutung auch für mich gilt. Ein strafbares Verhalten liegt nicht vor.“
"Da will sich jemand rächen"
Der in Hannover geborene Sohn eines Inders und einer Deutschen hat sich bei der SPD zunächst als Migrationsexperte einen Namen gemacht, dann als Innenexperte. Bundesweit bekannt wurde er vor allem in seiner Rolle als Chef des Untersuchungsausschusses zur NSU, speziell zu den Fragen, was im Verfassungsschutz alles schief läuft. Politiker auch anderer Parteien lobten damals, dass er den Ausschuss nicht zur parteilichen Bühne machte, sondern sehr konsequent um Aufklärung bemüht war, gerade auch im Verfassungsschutz. Auch zur NSA-Affäre fand er viele kritische Worte.
So glauben nun viele seine Anhänger, dass die ganze Geschichte konstruiert ist und ihm die Kinderpornos untergejubelt wurden. Auf Edathys Facebook-Seite finden sich zahlreiche Beiträge, die in diese Richtung gehen: Ein prominenter Geheimdienst-Gegner solle mit einer Schlammschlacht diskreditiert werden. „Da will sich jemand für deine tolle Arbeit rächen, Basti“, schreibt eine Anhängerin. Andere reagierten aber auch bestürzt: Damit ein Richter eine Hausdurchsuchung genehmige, müssten schon ein paar handfeste Hinweise vorliegen. Seltsam sei auch der Rücktritt aus „gesundheitlichen Gründen“ drei Tage zuvor.
Edathy ist nicht verheiratet. Er hat Soziologie und Sprachwissenschaft studiert, gilt als witzig, eloquent und sehr netzaffin. Der „taz“ sagte er zum Thema Vorsätze fürs neue Jahr: „Eigentlich will ich mich nicht wirklich ändern. Eigentlich wil ich mich doch ändern. Eigentlich müsste ich mich ändern. Aber eigentlich will ich nicht.“
- Themen:
- ARD
- Deutscher Bundestag
- SPD