"Schwulen-Paragraf": Maas kündigt Gesetzentwurf an

Berlin - "Ich werde noch im Oktober einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem wir die Verurteilungen nach § 175 aufheben und die Betroffenen rehabilitieren", zitiert die "Rheinische Post" aus dem Manuskript der Rede, die der SPD-Politiker heute zur Eröffnung des 71. Deutschen Juristentages in Essen halten wollte.
Maas hatte bereits im Mai eine Rehabilitierung und Entschädigung der Betroffenen angekündigt, der Zeitplan für das Unterfangen war bislang aber unklar. Zuletzt hatten die Grünen Druck gemacht, eine rasche Entschädigungslösung gefordert und dazu einen eigenen Gesetzentwurf in Aussicht gestellt.
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Rechtsstaat muss eigene Fehler korrigieren
Seit 1969 seien homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen zwar nicht mehr strafbar, aber die Urteile, die bis dahin ergangen seien, bestünden noch immer, sagte Maas. "Ich finde es unerträglich, dass die Betroffenen bis heute mit diesem Strafmakel leben müssen."
Diese Männer hätten nichts gestohlen und nichts unterschlagen, sie hätten niemanden verletzt und niemanden betrogen, sie seien einzig und allein wegen ihrer sexuellen Identität verfolgt und bestraft worden. "Aus heutiger Sicht war das ein klarer Verstoß gegen die Menschenwürde und damit verfassungswidrig", betonte Maas. "Ein Rechtsstaat sollte auch die Kraft haben, seine eigenen Fehler zu korrigieren."
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DDR: Paragraf 175 bereits 1968 abgeschafft
Die Bundesrepublik hatte den 1935 durch die Nationalsozialisten verschärften Paragrafen 175 des Strafgesetzbuchs (StGB) übernommen. Bis zur Entschärfung 1969 wurden nach Schätzungen rund 50 000 Männer zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, danach noch einmal etwa 3500. Homosexuelle Handlungen mit Jugendlichen blieben bis 1994 strafbar. In der DDR wurde der Paragraf 175 bereits 1968 abgeschafft.
Ein Gutachten des Staatsrechtlers Prof. Martin Burgi im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hatte im Mai die kollektive Rehabilitierung der Betroffenen durch ein Aufhebungsgesetz empfohlen. Dies würde es den Opfern ersparen, in einer Einzelfallprüfung erneut mit der entwürdigenden Verletzung ihrer Intimsphäre konfrontiert zu werden. Die Entschädigung soll nach früheren Angaben über einen Fonds organisiert werden.