Schwierige Postenvergabe: Seehofer sucht Frauen und findet Männer
MÜNCHEN - Aus der Offensive wird nichts: Dem CSU-Chef will es einfach nicht gelingen, die Partei „weiblicher zu machen“. Neuestes Beispiel ist ausgerechnet die Zukunftskommission.
Die CSU muss weiblicher werden, forderte Horst Seehofer (59) noch bei seinem Amtsantritt. Doch das Weltbild des Ministerpräsidenten bleibt männlich: Heute sollen zum ersten Mal seine elf Zukunfts-Experten tagen – und Vorschläge zur Überwindung der Finanz- und Wirtschaftskrise machen. Seehofer hat die Kommission vergangene Woche besetzt: mit zehn Männern und nur einer einzigen Frau. Dagegen gehen jetzt die CSU-Frauen auf die Barrikaden. Landtagspräsidentin Barbara Stamm empört zur AZ: „Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“
Sie hat den CSU-Chef inzwischen aufgefordert, Frauen nachzubenennen und in seine Kommission „Zukunft soziale Marktwirtschaft“ zu berufen. Und auch Sozialministerin Christine Haderthauer fordert ein Team, „an dem genausoviele Frauen wie Männer beteiligt sind“. Haderthauer: „Gerade in Krisenzeiten brauchen wir neue gedankliche Ansätze.“
27 Männer. Und eine Frau
Auch Seehofers Vor-Vorgänger Edmund Stoiber hatte sich bereits den Ärger der Frauen zugezogen, als er 2006 die „Zukunftskommission 2020“ berufen hat. Die bestand damals aus 27 Männern und einer Frau.
Offensichtlich hat man in der bayerischen Regierungszentrale daraus nichts gelernt. Barbara Stamm: „Die Zeiten sind längst vorbei, dass sich keine Frauen für ein solches Gremium finden. Es gibt genügend Unternehmerinnen und Professorinnen in Führungspositionen.“ Stoiber fand damals gerade noch drei weitere Frauen.
Bei seiner angekündigten Frauen-Offensive fehlt Seehofer offensichtlich das Glück. Auch bei der Suche nach Ordensträgern hatte seine Staatskanzlei schon ein gewaltiges Frauen-Problem und setzte fast ausschließlich Männer für den Bayerischen Verdienstorden auf die Vorschlagsliste. Wie berichtet, hatte Haderthauer auch hier eine Quote gefordert. Sein Versprechen, die CSU weiblicher zu machen, hat der Parteichef eh längst gebrochen. Selbst sein eigener Nachfolger als Bundestagsabgeordneter für Ingolstadt wurde ein Mann.
Das sind die Mitglieder der Kommission
In der neuen Zukunftskommission machen mit: Münchens Erzbischof Reinhard Marx (55), Loewe-Vorstandschef Frieder Löhrer (53), Rudolf Staudigl (54) von Wacker Chemie, Münchens Stadtsparkassenchef Harald Strötgen (63), der Vorstand von Roche Deutschland, Hagen Pfundner (48), der BMW-Betriebsratschef Manfred Schoch, der Präsident des Bayerischer Genossenschaftsverbandes Stephan Götzl (49), Michael Hüther (46) vom Institut der Deutschen Wirtschaft, Hans-Werner Sinn (61) vom Ifo-Institut, der Berliner Historiker Paul Nolte (45). Und als einzige Frau die TU-Professorin für Bank- und Finanzmanagement Ann-Kirsten Achleitner (43). Sie arbeitete bereits in Stoibers Zukunftskommission mit – nachdem die CSU-Frauen Druck gemacht hatten.
Angela Böhm