"Schweigen" - Gut gemeinte Ratschläge für Berlusconi

ROM - Ein 80-jähriger italienischer Ex-Politiker kann einem 72-jährigen Regierungschef in Sachen Affären und Frauen sicher so einiges mit auf den Weg geben. Ob die Tipps auch etwas nutzen, ist eine andere Frage.
Italiens Altpräsident Francesco Cossiga empfiehlt dem in Bedrängnis geratenen Regierungschef Silvio Berlusconi, mit einem Rücktritt und Neuwahlen seine Macht zu sichern. Ein solcher Befreiungsschlag werde ihm trotz der Enthüllungen über sein Privatleben erneut den Sieg bringen, davon ist der 80-jährige Senator auf Lebenszeit überzeugt: «Wenn er schlau wäre, würde er zurücktreten und das Land zu den Urnen führen», sagte Cossiga, der von 1985 bis 1992 Staatspräsident war, der Zeitung «La Stampa» vom Montag.
Cossiga legte dem 72-jährigen Berlusconi nahe, zu den Enthüllungen über angebliche Frauen-Geschichten zu schweigen, «sich nicht zu verteidigen, nicht darauf zu antworten und sich nicht zu entschuldigen.» Er würde das jedenfalls nicht tun, und ihm sei auch nicht bekannt, dass sich John F. Kennedy und Bill Clinton bei ihrem Land entschuldigt hätten. Damit spielte er auf Affären dieser beiden früheren US-Präsidenten an.
Unvorsichtiger und naiver Regierungschef
Für Cossiga ist der 72-jährige Regierungschef das Opfer des Hasses seiner Gegner, aber auch der eigenen «Unvorsichtigkeit und Naivität». Cossiga gibt dem Milliardär in einem Brief an die Mailänder Tageszeitung «Corriere della Sera» noch einen guten Rat: Er möge doch seine sardische Villa Certosa, Schauplatz ausgelassener Feste mit jungen Damen, dem Staat oder der Region Sardinien schenken und auch aus seiner römischen Villa Grazioli ausziehen, «die jetzt einen anrüchigen Ruf hat.»
Seit Wochen vergeht kaum ein Tag ohne pikante Enthüllungen aus Berlusconis Privatleben. Mal sind es freizügige Fotos vom Pool seiner Luxusvilla Certosa auf Sardinien, dann wieder Aussagen junger Frauen, die angeblich dafür bezahlt wurden, bei den Partys des Premiers mitzufeiern und die Nacht in dessen römischer Villa Grazioli zu verbringen. Inzwischen ermitteln süditalienische Staatsanwälte wegen «Begünstigung der Prostitution» gegen den Unternehmer Giampaolo Tarantini, der die Mädchen auf den Weg gen Rom oder Sardinien gebracht haben soll.
Berlusconi soll von alledem nichts gewusst haben. Das behauptet jedenfalls Tarantini. Er selbst habe den Frauen das Geld gegeben, um ihnen Anreise und andere Ausgaben zu ersetzen. Tarantini entschuldigte sich bei Berlusconi für den Skandal, den er damit ausgelöst hat. Der umtriebige Regierungschef ist in der Defensive seit seine Frau seine Vorliebe, gutaussehende junge Frauen für die Europawahl aufzustellen, öffentlich zu einem Scheidungsgrund gemacht hat. Auch die Anwesenheit ihres Gatten bei der Geburtstagsparty des 18-jährigen Models Noemi Letizia sorgte für gewaltigen Ärger im Hause Berlusconi. (dpa/nz)