Schwarz-Gelb nach Meseberg: Klassenfahrt zum Kamin
MESEBERG - Das neue schwarz-gelbe Kabinett geht erstmals in Klausur: Zum Kennenlernen und zum Ausdiskutieren auf Schloss Meseberg. Die Opposition spottet: recht fixe Eheberatung nach den Flitterwochen.
Geldverschwendung sei diese „Minister-Landverschickung“, ätzte Dirk Niebel (FDP). „Schöne Bilder vom idyllischen Schloss Meseberg sollen uns weismachen, in der zerstrittenen Koalition gehe es harmonisch zu und man befasse sich mit Zukunftsprojekten.“ 2007 war das, und gemeint war die Klausur von Schwarz-Rot. Jetzt, im November 2009 geht Schwarz-Gelb in Meseberg in Klausur, inklusive dem neuen Entwicklungshilfeminister Niebel. Das Bild, dass sich ein harmonisches Kabinett dort mit Zukunftsthemen befasst, wäre den Beteiligten nach dem Holperstart nicht unrecht.
Die Opposition spottet, dass das angebliche Traumpaar, das elf Jahre aufeinander gewartet hat, recht fix nach den Flitterwochen in die Eheberatung müsse. Offiziell heißt es: „Das Treffen dient der Teambildung“, heißt es in Merkels Umfeld. Vizekanzler Westerwelle sagte, wie „in jedem Betrieb“ soll ein gutes Klima geschaffen werden. Will heißen: In dem Brandenburger Schloss, von dessen „seelenumschmeichelnder Stille“ schon Fontane schwärmte, geht es auch um den Klassenfahrt-Effekt, etwa beim geselligen Kaminabend. Doch Merkels zweites Motto deutet auch auf den anderen Sinn des Treffens hin: „Es wird darum gehen, ein gemeinsames Verständnis für finanzielle Spielräume zu entwickeln.“ Will heißen: Die Wunschträume der FDP sollen geerdet werden.
In den offiziellen Anfangsstatements klang das dann so: „Die Voraussetzungen sind dafür da, dass wir in guter kameradschaftlicher Atmosphäre miteinander unsere Arbeit aufnehmen und damit auch Gutes für unser Land bewegen können“, so Bundeskanzlerin Angela Merkel. Eines der Schwerpunktthemen solle die Bewältiung der Krise sein. Auch intern gibt es genug Konfliktfelder. Jetzt rächt sich manch schwammige Formulierung aus dem Koalitionsvertrag, die jeder nun nach Belieben interpretiert. Die drei größten Themen:
Steuern
Vor allem Finanzminister Wolfgang Schäuble stellt sich eisern quer: „Dafür ist in dieser Legislaturperiode kein Spielraum.“ Westerwelle deutet an, er wäre auch mit einer „mittelgroßen“ Reform zufrieden – erinnert aber daran: „Der Koalitionsvertrag wurde geschlossen, damit er gilt.“
Gesundheit:
Der zweite große Brocken und eng verknüpft mit dem ersten: Je mehr Geld für Steuersenkungen ausgegeben wird, desto weniger ist übrig für die radikalen Umbaupläne samt Sozialausgleich des jungen FDP-Ministers Philipp Rösler. In Meseberg sollen Besetzung und Fahrplan der Kommission festgezurrt werden, die darüber entscheidet. Röslers Hauptfeind Seehofer aber ist nicht dabei.
Steinbach
Dieses Thema war gar nicht auf der Agenda, dann wurde es ein Hauptpunkt. Der Bund der Vertriebenen (BdV) will Erika Steinbach für einen Posten in der Vertriebenen-Stiftung des Bundes durchsetzen, unterstützt von der CSU. Doch Westerwelle droht mit Veto. Steinbach verhinderte gestern, dass der BdV bereits eine Kampf-Entscheidung trifft, damit die Regierung in Meseberg selbst noch eine „menschenrechtskonforme“ Lösung finden könne. Doch das Thema ist vorerst nur vertagt.