Schröder: "Können froh sein, einen Putin zu haben"
Berlin - Altbundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat die westlichen Sanktionen gegen Russland kritisiert und sich hinter Kremlchef Wladimir Putin gestellt. "Verglichen mit dem US-Präsidenten können wir froh sein, einen Putin zu haben", sagte Schröder in einem Interview der Wochenzeitung Die Zeit.
Auf die Frage, inwieweit sich Putin unterscheide von Populisten wie Donald Trump oder dem ungarischen Ministerpräsident Viktor Orban, sagte er: "Ein hohes Maß an Rationalität." Die Vorstellung, dass Russland die baltischen Länder annektieren wolle, bezeichnete Schröder als "absurd".
Die Sanktionspolitik habe bisher keinen Erfolg gehabt. Schröder gilt seit Regierungszeiten als Freund des russischen Präsidenten Putin und arbeitet seit seinem Ausscheiden aus dem Kanzleramt 2005 für den Gaskonzern Gazprom. Seine neue Tätigkeit als Aufsichtsratschef des russischen Rosneft-Konzerns sorgte für viel Kritik. Der staatlich kontrollierte Konzern Rosneft ist für Deutschland ein Großlieferant von Erdöl.
Russland will Medien zu "Agenten" machen
In Russland können ausländische Medien künftig als "Agenten" eingestuft werden. In großer Eile verabschiedete das Parlament in Moskau am Mittwoch in zweiter und dritter Lesung eine umstrittene Gesetzesänderung. Noch am gleichen Tag setzte das Justizministerium die US-Sender Radio Liberty und und Voice of America in Kenntnis, dass sie unter die verschärften Regeln fallen könnten. Das meldeten russische Agenturen.
Russland reagiert damit auf einen Streit mit Washington über den Status des russischen Auslandssenders RT. Dieser musste sich auf Druck der Behörden in den USA als "ausländischer Agent" kennzeichnen. Die USA werfen dem russischen Staatssender vor, sich als Werkzeug des Kremls in die US-Präsidentenwahl eingemischt zu haben.
Die Änderung sieht vor, dass sich Medien in Russland als "Agenten" registrieren müssen, wenn sie im Ausland gemeldet sind und Geld aus dem Ausland erhalten. Formal ist das Gesetz noch nicht in Kraft, eine Abstimmung des Föderationsrates wird in den kommenden Tagen erwartet.
Bundesregierung reagiert besorgt
Das verschärfte Gesetz könnte auch deutsche Medien betreffen. Genannt wurde die Deutsche Welle, die sich aus Staatsmitteln finanziert. Der Vizefraktionschef der Regierungspartei Geeintes Russland, Andrej Issajew, hoffte aber, dass die Deutsche Welle nicht betroffen sein werde. "Ich hoffe sehr, dass wir uns (mit Deutschland) nicht streiten werden", sagte er. Auch im Föderationsrat hatte es Kritik gegeben, das Gesetz dürfe sich nicht gegen die Deutsche Welle richten.
Die Bundesregierung reagiert besorgt. "Ich gehe davon aus, dass die Deutsche Welle ihre wichtige journalistische Arbeit auch in Russland unbeeinträchtigt fortführen kann", sagte die Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, in Berlin.
Welche Folgen die Maßnahme für die Arbeit von ausländischen Medien in Russland haben wird, bleibt offen. Das Gesetz bestimmt nur vage, auf welche Medien die Regelung angewendet werden soll. Parlamentsvize Pjotr Tolstoi sagte, die Umsetzung liege beim Justizministerium.
Verschärfung orientiert sich an Gesetz von 2012
Der liberale Wirtschaftsexperte Alexej Kudrin kritisierte das Gesetz: Die Änderung sei "übereilt und schlecht durchdacht", sagte er. Nach der erwarteten Abstimmung im Oberhaus muss Präsident Wladimir Putin das Gesetz unterschreiben. Dessen Sprecher Dmitri Peskow legte sich zunächst nicht fest, ob der Kremlchef dies tun werde.
Zugleich betonte Peskow, das Gesetz gebe Russland die Möglichkeit, dem Druck auf russische Medien im Ausland angemessen zu begegnen. Der Verschärfung orientiert sich an einem international kritisierten Gesetz von 2012, das Nichtregierungsorganisationen vorschreibt, sich als "ausländische Agenten" zu kennzeichnen, wenn sie Geld aus dem Ausland erhalten. Viele werten dies als Stigma für ihre Arbeit.
In einer weiteren Abstimmung nahm die Duma ein Gesetz an, wonach die Webseiten illegaler Organisationen ohne Gerichtsbeschluss geschlossen werden können. Dies knüpft an ein Gesetz von 2015 an, wonach Organisationen in Russland als unerwünscht eingestuft werden können. Derzeit stehen elf Gruppen auf dieser Liste, darunter die Open Society Foundation von US-Milliardär George Soros.