Durchbruch bei globaler Mindeststeuer für Unternehmen

Das Wettrennen um die niedrigsten Steuern für Konzerne soll bald der Vergangenheit angehören. Zudem sollen große Digitalriesen wie Amazon mehr Steuern in Ländern zahlen, in denen sie Geschäfte machen.
dpa |
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Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist gerade in Washington zu Besuch.
Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ist gerade in Washington zu Besuch. © Bernd von Jutrczenka/dpa
Washington

Rund 130 Länder haben sich auf eine globale Mindeststeuer für international tätige Unternehmen geeinigt.

Die an dem Abkommen teilnehmenden Staaten machten rund 90 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus, erklärte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht die Einigung als einen "kolossalen Fortschritt" auf dem Weg zu mehr Steuergerechtigkeit. Er sprach von einer "tatsächlichen, wirklich massiven Veränderung, die wir für die nächsten Jahre und Jahrzehnte erleben werden." Der Steuerwettlauf nach unten sei vorbei, sagte er in Washington.

US-Präsident Joe Biden erklärte, nun sei ein globales Abkommen in Reichweite, das dem Wettrennen um die niedrigsten Steuersätze ein Ende bereiten werde. Konzerne könnten die Länder damit nicht mehr gegeneinander ausspielen, um ihre Profite zu Lasten der Steuerzahler zu erhöhen. Das Abkommen werde es daher auch ermöglichen, mit den zusätzlichen Steuereinnahmen wichtige Investitionen zu tätigen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, erklärte Biden.

Die Übereinkunft, deren Details bis Oktober ausgearbeitet werden sollen, stelle das Ergebnis fast zehnjähriger Verhandlungen dar, erklärte die OECD. "Das Rahmenkonzept modernisiert zentrale Elemente des mittlerweile hundertjährigen internationalen Steuersystems, das den Anforderungen der globalisierten und digitalisierten Wirtschaft des 21. Jahrhunderts nicht mehr gerecht wird", hieß es. Dem Vernehmen nach hat auch China, die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft, dem Abkommen zugestimmt. Gleiches gilt demnach auch für Indien.

Anfang Juni hatten sich bereits die Finanzminister der G7-Staaten auf eine globale Steuerreform geeinigt. Ende der kommenden Woche wollen die Finanzminister der G20, darunter ist auch China, dann Nägel mit Köpfen machen. Neben einer Mindeststeuer von 15 Prozent soll auch dafür gesorgt werden, dass Großkonzerne künftig in den Ländern Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze und Gewinne machen. Und zwar "unabhängig davon, ob sie dort eine physische Präsenz unterhalten", wie die OECD betonte. Die Regelung zielt insbesondere auf große Digitalkonzerne wie Amazon, Google oder auch Apple ab.

Scholz sagte, bisher fänden große Unternehmen Wege, wie sie fast gar keine Steuern zahlen. "Die großen digitalen Plattformunternehmen sind besonders eifrig dabei gewesen, das Steuerzahlen zu vermeiden." Viele hätten sich herausgeredet und erklärt, dass sie sich an die Regeln hielten. "Das werden sie in Zukunft auch tun - nur sie werden dann Steuern zahlen, und zwar auch in Deutschland. Wir werden insgesamt von dieser Verständigung, die dort erzielt wird, profitieren."

Bidens Regierung hatte sich im April für eine globale Mindeststeuer ausgesprochen und den Bemühungen mit der Schlagkraft der weltgrößten Volkswirtschaft damit neuen Rückenwind gegeben. Die frühere US-Regierung vom damaligen Präsidenten Donald Trump hatte einen globalen Mindeststeuersatz abgelehnt. Sie befürchtete eine Benachteiligung amerikanischer Großkonzerne.

Die juristische Umsetzung der Einigung in allen beteiligten Ländern dürfte einige Zeit in Anspruch nehmen. Zudem wird das Abkommen nur so stark sein wie das schwächste Glied: Falls sich einige relevante Länder der Einigung verweigern sollten, blieben vielen Konzernen wohl immer noch Möglichkeiten, höhere Steuern teilweise zu vermeiden.

US-Finanzministerin Janet Yellen sprach aber von einem "historischen Tag" für die Wirtschaftsdiplomatie. Bislang hätten sich Länder im Umgang mit den Konzernen gegenseitig unterboten. "Dieses Wettrennen hat kein Land gewonnen", erklärte Yellen. Durch niedrigere Steuersätze seien zum einen keine neuen Geschäfte angezogen worden. Zum anderen seien durch diese niedrigen Sätze Länder auch der Mittel für wichtige Investitionen für Infrastruktur, Bildung und der Bekämpfung der Pandemie beraubt worden.

© dpa-infocom, dpa:210701-99-224983/4

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  • Der wahre tscharlie am 03.07.2021 16:09 Uhr / Bewertung:

    Grundsätzlich sind diese Vereinbarungen ja zu befürworten.
    Der Haken an der Geschichte ist, dass sie erst in 2 Jahren in Kraft treten. Diese Unternehmen, bzw. ihre Steueranwälte, haben 2 Jahre Zeit, um nach neuen Schlupflöchern zu suchen.
    Das Gesetz hätte sofort Anwendung finden müssen.

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