Scholz: Keine Mitgliederentscheide übers Regierungsgeschäft
Berlin - "Was die SPD gerade macht, wird sicher Nachahmung finden, auch bei anderen Parteien", sagte Hamburgs Erster Bürgermeister der "Welt am Sonntag" mit Blick auf den Mitgliederentscheid über eine große Koalition. "Es ist aber nicht sehr wahrscheinlich, dass über laufende Fragen des Regierungsgeschäfts abgestimmt wird." Als denkbare Ausnahme nannte Scholz Entscheidungen "von so substanzieller Bedeutung, dass die Legitimation für das Handeln neu begründet werden muss".
Zweifel an der Legitimationsbasis des Mitgliederentscheids wies Scholz zurück: "Die Freiheit des Abgeordneten wird durch den Mitgliederentscheid in keiner Weise beeinträchtigt. Kein Mandatsträger ist gezwungen, sich bei der Kanzlerwahl am Ausgang des Mitgliedervotums zu orientieren."
Ähnlich äußerte sich der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann: "Nimmt man die jetzigen Kritiker beim Wort, dürften Parteien nicht einmal Wahlkampfprogramme schreiben und auch nicht dafür werben, dass diese später im Regierungshandeln und im Bundestag umgesetzt werden. So ein Programm wäre dann ja auch schon Druck auf frei gewählte Abgeordnete", sagte er der "Welt" (Online/Sonntag). Wer die Grundsatzentscheidungen von Parteien über Koalitionsbeteiligungen infrage stelle, stelle damit die parlamentarische Demokratie auf den Kopf.
Der SPD-Politiker hofft auf eine Wahlbeteiligung von 70 Prozent bei der derzeitigen Basisbefragung zum Koalitionsvertrag. Je höher die Wahlbeteiligung sei, desto legitimierender sei das Ergebnis und umso überzeugender wirke das demokratische Experiment einer Mitgliederbefragung.