«Schönstes Amt neben Papst» zurückerobert
Einst sagte Franz Müntefering, der SPD-Vorsitz sei fast das Allerbeste auf der Welt. Nun hat der Sauerländer den Posten nach knapp drei Jahren von Kurt Beck übernommen. Steinmeier wurde ebenfalls mit großer Zustimmung ins Rennen um die Kanzlerschaft geschickt.
Drei Jahre nach seinem Rücktritt ist Franz Müntefering wieder Vorsitzender der SPD. Auf einem Sonderparteitag in Berlin wurde der ehemalige Vizekanzler am Samstag zum Nachfolger von Kurt Beck gewählt, der sein Amt vorzeitig aufgegeben hatte. Der 68-Jährige bekam 403 von 475 gültigen Stimmen. 50 Delegierte stimmten mit Nein, 22 enthielten sich. Dies entspricht einer Zustimmung von 84,8 Prozent. Müntefering stand bereits von März 2004 bis November 2005 an der Spitze der SPD. Zuvor war Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit 95,1 Prozent der Stimmen zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt worden.
Steinmeier erklärte den monatelangen Flügelstreit für beendet und rief die gut 500 Delegierten zu Geschlossenheit auf. «Wir glauben wieder an uns, das macht uns stark. Und die anderen merken das», sagte er. Mit Blick auf die Europawahl im Sommer und die Bundestagswahl im September 2009 sagte er, die Sozialdemokratie dürfe nicht kleinmütig antreten. «Spielt nicht auf Platz, sondern auf Sieg», forderte er. Der Außenminister und Vizekanzler erhielt 469 von 493 gültigen Stimmen. Es gab 15 Neinstimmen und neun Enthaltungen. Steinmeier erklärte die monatelangen Querelen über eine Zusammenarbeit mit der Linken sowie den Ärger um den Rücktritt von Ex-Parteichef Kurt Beck für beendet. «Wenn's drauf ankommt, dann sind wir eine Partei, und das muss jetzt so bleiben», sagte er.
«Schutzschirm für Arbeitsplätze»
Angesichts der Finanzkrise seien nun Stärke und Geschlossenheit Pflicht, «weil unser Land uns jetzt braucht». Dem Rettungspaket für angeschlagene Banken soll nach dem Willen Steinmeiers und der SPD-Spitze ein Wachstums- und Konjunkturpaket folgen. Notwendig sei jetzt ein «Schutzschirm für Arbeitsplätze in Deutschland», sagte Steinmeier. Kommendes Jahr stehe eine «Rüttelstrecke» bei der Wirtschaftsentwicklung an. Trotzdem dürften Sozialleistungen und Investitionen nicht gekürzt werden. Ex-Vizekanzler Müntefering sagte, die SPD wolle die Bundestagswahl 2009 gewinnen. Die Zeit sei reif dafür, das Land sozialdemokratisch zu gestalten. Die Union stelle zwar derzeit Bundeskanzlerin Angela Merkel, doch die SPD habe die politische Meinungsführerschaft. Der 68-Jährige wird bereits zum zweiten Mal Vorsitzender. Im Frühjahr 2004 hatte er 95,11 Prozent der Delegiertenstimmen erhalten; im Herbst 2005 trat er nach Querelen über die Besetzung des Generalsekretärspostens zurück. Zur eskalierten Finanzkrise sagte Steinmeier, nach dem Ende der Herrschaft marktliberaler Ideologen gelte es nun, politische Gestaltungskraft für die Demokratie zurück zu erobern. «Es ist an uns, Anstand und Vertrauen in unser Land zurück zu bringen. Deshalb werden wir gebraucht», rief er unter dem Beifall der Delegierten. Zum Hilfspaket von insgesamt 500 Milliarden Euro für die Banken sagte der Vizekanzler, dies sei kein Geschenk an die Finanzwirtschaft, sondern «Nothilfe» im Interesse der Sparer.
Banken nicht aus der Verantwortung entlassen
Wenn Banken nun Geld vom Staat wollten, müssten sie akzeptieren, dass der Staat bei ihren Geschäften mitrede. Zugleich versprach er, dass die Institute nicht aus der Verantwortung entlassen würden, wenn es ihnen finanziell wieder besser gehe. In einem Beschluss des Parteivorstands zur Finanzkrise, der auf dem Parteitag beraten wurde, heißt es, bei den Abschlussberatungen über den Bundeshaushalt 2009 müsse geprüft werden, «ob weitere staatliche Maßnahmen zur Unterstützung der Wirtschaft geboten sind». Ziel sei die Ausweitung von Investitionen in Infrastruktur, Energieeinsparung und Bildung. Mit Blick auf den Koalitionspartner CDU und CSU verlangte Steinmeier, gerade jetzt müsse ein Mindestlohn in weiteren Branchen eingeführt und die Erbschaftsteuer wie abgesprochen reformiert werden, um die menschliche Marktwirtschaft zu schaffen und notwendige Bildungsaufgaben zu finanzieren. Einer Koalition mit der Linken nach der Bundestagwahl 2009 erteilte Steinmeier erneut eine kategorische Absage; die Partei sei «schlicht und einfach nicht regierungsfähig». (dpa)