Schnappaufs zweiter Problem-Bär
Der BDI-Chef tritt wegen der Verplapperei von Minister Rainer Brüderle zurück.
Berlin - Mit Problem-Fällen kennt sich Werner Schnappauf aus: Als er in Bayern noch Umweltminister war, ließ er von Scharfschützen Bär Bruno erlegen, der sich in den Freistaat verlaufen hatte. Nun droht eine gezielte Indiskretion die Bundesregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel zu zerlegen, nachdem sich Wirtschaftsminister Rainer Brüderle verplappert hat. Und Schnappauf muss die Verantwortung übernehmen: Als Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI) tritt er nach der umstrittenen Atom-Äußerung zurück.
Der SZ war ein Protokoll aus einer Runde des BDI zugespielt worden. Unverblümt hatte Brüderle dort offenbart, dass das Atom-Moratorium von Schwarz-Gelb nur ein Wahlkampfmanöver ist. Ein „Protokollfehler”, erklärte er. BDI-Chef Schnappauf sprang ihm bei: „Der Minister ist falsch wiedergegeben worden.” Doch ein Zeuge widersprach in der SZ. „Die Sätze sind so gefallen”, sagte das Präsidiumsmitglied. Schnappauf als Komplize der Regierung? Das war sein Ende: Als Bauernopfer für Brüderle, der in Berlin tatsächlich „Problembär” genannt wird. „Ich übernehme die Verantwortung für die Folgen einer Indiskretion, an der ich persönlich nicht beteiligt war, um möglichen Schaden für das Verhältnis von Wirtschaft und Politik abzuwenden”, sagt er selbst.
Inzwischen spitzt sich die Affäre immer mehr zu. Der bayerische CSU-Fraktionschef Georg Schmid griff den Minister an: „Ich halte es für unklug, überhaupt so etwas zu denken, was Brüderle gesagt hat.” Grünen-Chef Cem Özdemir spottet: „Wenn Franz-Josef Strauß mitbekommen würde, dass ein CSUler wegender dämlichen Selbstentblößung eines FDP-Ministers zurücktreten muss, dann würden die Wände wackeln.”
Auch Ex-Kanzler Helmut Kohl fällt Bundeskanzlerin Angela Merkel jetzt noch in den Rücken. In einer „Bild”-Kolumne schrieb er: „Deutschland ist nicht Japan. Die Kernenergienutzung in Deutschland ist durch das Unglück in Japan nicht gefährlicher geworden, als sie es vorher gewesen ist.” Die Lehre aus Japan dürfe nicht „die berühmte Rolle rückwärts sein”, kritisiert er seine Nachfolgerin an der CDU-Spitze und warnte vor „einer gefährlichen Sackgasse”. Seine Logik: „Was in Japan passiert ist, ist schrecklich – aber es ist auch das Leben. Das Leben ist ohne Risiken nicht zu haben.”