Schluss mit Magerkost: Die SPD meldet sich zurück

Scherbengericht und Depression waren gestern, Aufbruch ist heute: Schneller als von vielen erwartet hat es die SPD bei ihrem Dresdner Parteitag geschafft, wieder auf die Beine zu kommen.
von  Abendzeitung
Sigmar Gabriel, der neue SPD-Chef.
Sigmar Gabriel, der neue SPD-Chef. © dpa

DRESDEN - Scherbengericht und Depression waren gestern, Aufbruch ist heute: Schneller als von vielen erwartet hat es die SPD bei ihrem Dresdner Parteitag geschafft, wieder auf die Beine zu kommen.

Mit einem (abgesehen vom Dämpfer für Andrea Nahles) reibungslos verlaufenen Austausch der kompletten Führung und weitgehend harmonischen inhaltlichen Debatten meldeten sich die Sozialdemokraten am Wochenende zurück.

Der neue Chef Sigmar Gabriel demonstrierte bereits spürbar Oberwassergefühl und ließ sich am Sonntag schon zu Witzchen hinreißen. Beim Auftritt einer Rap-Gruppe tat sich Gabriel mit deren ebenfalls korpulentem Anführer zusammen: „Er heißt Big Mac – und zusammen sind wir ein Doppel-Whopper.“

Offenbar hofft die abgemagerte SPD, mit Gabriel als Chef auch ihre Zwangsdiät an der Wahlurne hinter sich lassen zu können. Schon sehen ihn die ersten auch als Kanzlerkandidaten für 2013. Ganz vorne dabei: Gabriels Vorvorgänger Kurt Beck. Der neue Chef habe auf dem Parteitag gezeigt, dass er Menschen mitreißen könne. Beck: „Der kann auch Wahlen gewinnen.“

Zumindest schaffte Gabriel es in Dresden, die Partei für sich zu gewinnen. Zwei Reden, die die Partei begeisterten, schlugen sich auch bei der Wahl zum neuen Parteichef nieder. Gabriel bekam mit 94 Prozent ein fettes Ergebnis, auch seine neuen Stellvertreter Hannelore Kraft, Olaf Scholz, Manuela Schwesig und Klaus Wowereit schnitten gut ab (AZ berichtete).

Zugleich setzten die Delegierten eine leichte Verschiebung des Parteikurses nach links durch (den die Regierungskoalition flugs als „Flucht in die linke Ecke“ bezeichnete). So beschloss der Parteitag überraschend eine Wiedereinführung der Vermögensteuer.

Die hatte SPD-Spitzenkandidat Frank-Walter Steinmeier im Wahlkampf zwar noch ausdrücklich abgelehnt. Gabriel jedoch nahm sie nach dem Beschluss blitzschnell ins eigene Programm auf und verteidigte sie ausdrücklich. Ebenfalls auf der SPD-Wunschliste: eine Börsenumsatzabgabe und ein höherer Steuersatz für Investitionen in die Bildung.

All dies werde in ein SPD-Gesamtkonzept zum Steuersystem einfließen, das nächstes Jahr vorliegen soll, sagte Gabriel. Dafür vermied der Parteitag Korrekturen an umstrittenen SPD-Projekten der Vergangenheit wie der Rente mit 67 und Hartz IV. Sie galten in der Partei bislang als Grund für die Wahlniederlage. Doch Gabriel gab sich ohnehin sicher: „Wir wollen nicht lange Opposition sein.“mue

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.