Schengen-Reform: EU-Länder dürfen Grenzen dicht machen
Brüssel - Auf diese Veränderung einigten sich die EU-Staaten, das Europaparlament und die EU-Kommission am Mittwochabend, teilte die irische EU-Ratspräsidentschaft mit. Mit der neuen "Notfallklausel" wird eine zentrale Forderung Deutschlands erfüllt. Die EU-Kommission soll die Maßnahmen überwachen.
Voraussetzung ist, dass ein Schengen-Staat trotz EU-Hilfe seine Außengrenzen nicht mehr schützen kann und die innere Sicherheit anderer Staaten "massiv bedroht" ist. Länder dürfen dann bis zu zwei Jahre lang wieder ihre Grenzen überwachen. Dies ist nur in außergewöhnlichen Umständen und als letztes Mittel möglich.
Vorbedingung ist eine "Empfehlung" des Rates, der Versammlung der EU-Länder. Bislang sind Kontrollen von 30 Tagen nur bei Großereignissen wie Fußball-Spielen sowie für 10 Tage nach Notfällen wie Terroranschlägen erlaubt. Dies soll auch künftig so bleiben.
Die Diskussion um die Sicherung der Außengrenzen war 2011 aufgeflammt, als im Arabischen Frühling tausende Flüchtlinge aus Nordafrika nach Europa kamen. Laut EU-Diplomaten könnte Griechenland ein möglicher Auslöser des neuen Notfallmechanismus werden. Denn Athen ist seit Jahren überfordert: Über seine Grenze kommen die meisten illegalen Immigranten nach Europa und reisen von dort weiter in den Rest Europas - auch nach Deutschland. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte stets gefordert, dass die Staaten handlungsfähig bleiben müssten.
Das Schengener Abkommen garantiert die Reisefreiheit in Europa: An den Grenzen der 26 Unterzeichner-Staaten gibt es normalerweise keine Passkontrollen mehr.
Fast zwei Jahre lang haben die EU-Staaten mit der EU-Kommission und dem Parlament um die Reform gestritten. Die EU-Innenminister hatten sich bereits im vergangenen Sommer auf Grenzkontrollen im Alleingang geeinigt. Nun ist vorgesehen, dass die EU-Kommission die Umsetzung kontrolliert.
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström sagte: "Die EU-Kommission überwacht, auch durch Besuche vor Ort, dass die Staaten ihre Verpflichtungen erfüllen und nicht ungerechtfertigt Grenzen kontrollieren." Die Reform werde den Schengenraum "zum Wohl von Europas Bürgern" stärken.
Die Einigung muss noch vom Parlament und den EU-Staaten angenommen werden, dies gilt aber als Formalie.
Aus dem EU-Parlament kam Kritik von den Grünen, die eine Abschottung Europas befürchten. Die deutsche Grünen-Abgeordnete Ska Keller bemängelte, Europa lege "die Axt an Schengen": "Wir Grüne lehnen diese Aufweichung von Schengen entschieden ab."