Scheiternde Schüler
Ausgesiebt und abgestiegen: 50<TH>000 Schüler pro Jahr müssen auf eine niedrigere Schulform wechseln. Eine neue Bildungsstudie zeigt nun, wie wenig durchlässig das Schulsystem ist – und wenn, dann vor allem nach unten. Bayern bildet eine Ausnahme, doch nicht unbedingt eine rühmliche.
An Deutschlands Schulen gibt es doppelt so viele Absteiger wie Aufsteiger. „Der Fahrstuhl geht meistens nach unten“, so Jörg Dräger von der Bertelsmann-Stiftung, die die Studie bei der Bildungsforscherin Gabriele Bellenberg in Auftrag gegeben hat. 50<TH>000 Schüler mussten im vergangenen Schuljahr nach unten wechseln (also von Gymnasium in die Realschule oder von Realschule in die Hauptschule), nur 23<TH>000 schaffen den Aufstieg. Am schlechtesten ist das Verhältnis in Niedersachen: Hier kommen zehn Ab- auf einen Aufsteiger.
Die einzige Ausnahme ist Bayern: Hier gibt es mehr Auf- als Absteiger. Kein Grund zum Jubel, warnt aber Studienautorin Bellenberg: Das liegt vor allem daran, dass im Freistaat die Kinder nach der Grundschule von vorneherein überdurchschnittlich niedrig eingestuft werden. Sprich: Die wenigen, die es gleich aufs Gymnasium schaffen, halten dann zwar auch eher durch. Dafür werden offenbar auch etliche zu tief eingestuft.
Ein Großsteil der bayerischen Aufsteiger sind dann auch Kinder, die nicht direkt aufs Gymnasium gekommen sind, aber nach der fünften Klasse wechseln – und in Kauf nehmen, diese Klassenstufe halt zu wiederholen, so die Daten der Studie. „Die auffällig hohe Quote in Klasse 5 ist sicher als Umgehung der restriktiven Übergangsregelungen zu werten“, heißt es in der Studie. Dräger: „Es ist fraglich, ob diese Praxis pädagogisch sinnvoll und ein effektiver Einsatz von Ressourcen ist.“
In konkreten Zahlen wechselt in Bayern durchschnittlich ein Schüler pro Klasse und Jahr die Schulart. 13<TH>000 nahmen den Weg nach unten, davon 8100 von Gymnasium in die Realschule, 4100 von der Real- in die Hauptschule und 845 direkt vom Gymnasium in die Hauptschule. In die andere Richtung gingen 14<TH>500 bayerische Kinder.
Die Bildungsforscher machten deutlich, dass beide Ausprägungen – in Bayern wie dem Rest – schädlich sind: Im Freistaat werden Talente vergeudet, weil sie zu tief eingestuft werden. In den anderen Ländern werden Zehntausende durch das Erlebnis des Scheiterns demotiviert. Autorin Bellenberg sagte, das Schulsystem konzentriere sich noch immer zu sehr auf Selektion – und zu wenig auf Förderung der Kinder.
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