Schavan warnt vor Verteufelung von Gentechnik

Berlin (dpa) - Das Genmais-Verbot hat in der Bundesregierung einen Konflikt über die Zukunft der Gentechnik ausgelöst. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) warnte am Mittwoch vor einer Verteufelung der Gentechnik-Forschung in der Wirtschaftskrise.
von  Abendzeitung
Bundesforschungsministerin Schavan hält nichts vor einer Verteufelung der Gentechnik. Dahinter steckten künftige Arbeitsplätze. (Archivbild)
Bundesforschungsministerin Schavan hält nichts vor einer Verteufelung der Gentechnik. Dahinter steckten künftige Arbeitsplätze. (Archivbild) © dpa

Berlin (dpa) - Das Genmais-Verbot hat in der Bundesregierung einen Konflikt über die Zukunft der Gentechnik ausgelöst. Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) warnte am Mittwoch vor einer Verteufelung der Gentechnik-Forschung in der Wirtschaftskrise.

«Jetzt muss es eigentlich Entscheidungen geben, die künftige Arbeitsplätze und künftigen Wohlstand generieren», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Hinter der Gentechnik steckten künftige Arbeitsplätze. Damit stellte sie sich indirekt gegen die Entscheidung von Landwirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Aigner hatte am Dienstag unmittelbar vor Beginn der Aussaat ein Anbauverbot für den genveränderten Mais MON 810 erlassen. Der Gentechnik-Konzern Monsanto kritisierte die Entscheidung scharf.

Schavan schlug einen Runden Tisch vor. Sie sprach von einer «Ressortentscheidung». «Wir haben im Koalitionsvertrag eindeutig stehen: Wir wollen Forschung und Anwendung fördern.» Aigner hatte auf mögliche Risiken des Genmaises für Schmetterlinge und Maikäferlarven verwiesen. Schavan teilt die Bedenken von Aigner nicht generell. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) habe im Dezember 2008 festgestellt, dass keine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt bestehe, sagte die CDU-Vizechefin.

Das Gentechnik-Unternehmen Monsanto nannte das Verbot «nicht nachvollziehbar». «MON 810 ist sicher für die menschliche Gesundheit, Tiere und die Umwelt», teilte die Monsanto Agrar Deutschland GmbH mit. Weltweit hätten die zuständigen Behörden - auch in Deutschland - die Sicherheit von MON 810 bestätigt. Die Begründungen «rechtfertigen kein Anbauverbot», sagte der Leiter der Zulassungsabteilung der Monsanto Agrar Deutschland GmbH, Holger Ophoff. Geschäftsführerin Ursula Lüttmer-Ouazane sagte: «Monsanto (...) behält sich rechtliche Schritte vor, damit Landwirten in Deutschland auch in der laufenden Anbausaison die Möglichkeit offen steht, MON 810 anzubauen.»

Aigner hatte ihre Entscheidung in der ARD verteidigt. Die Genveränderung schade nach neuesten Erkenntnissen nicht nur dem Schädling Maiszünsler, sondern auch anderen Tieren. Gleichzeitig betonte sie: «Es geht jetzt nicht grundsätzlich gegen ”grüne Gentechnik”.» Aigner will die Forschung weiter fördern. Schavan befürchtet, dass das Anbauverbot Signalwirkung für die Forschung hat.

MON 810 ist seit 1998 der einzige Genmais, der in der Europäischen Union für kommerziellen Anbau zugelassen ist. In den Mais ist ein Gen gegen den Schädling Maiszünsler - einen Schmetterling - eingebaut. Bundesweit war für 2009 ein Anbau auf rund 3600 Hektar geplant. In Baden-Württemberg wurden am Mittwoch auch Genmais-Versuche mit MON 810 vom Bundessortenamt gestoppt.

CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sagte: «Ich gehe davon aus, dass sie (Ministerin Aigner) eine sorgfältige und vernünftige Entscheidung getroffen hat, die am Ende auch rechtssicher ist.» Die FDP-Agrarpolitikerin Christel Happach-Kasan kritisierte, Schavan habe der Politik aus dem Landwirtschaftsministerium «viel zu lange tatenlos zugesehen». Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn warnte im WDR vor möglichen Gefahren für den Öko-Anbau. Die Linken-Abgeordnete Kirsten Tackmann warf der CDU «blinde Fortschrittsgläubigkeit» vor.

Schavan kündigte in der «Passauer Neuen Presse» (Mittwoch) an, in den kommenden Wochen sollten Vertreter von Bund, Ländern, Wissenschaft und Unternehmen über das Thema beraten. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast lehnte einen Runden Tisch ab.

In München gingen rund 300 Bauern und Umweltschützer gegen Patente auf Tiere und Pflanzen auf die Straße und zogen zum Europäischen Patentamt. Sie kritisieren, Patente auf Jahrhunderte alte Zuchtverfahren brächten Bauern weltweit in Abhängigkeit von Konzernen. Hessen legte Einspruch gegen ein Patent für ein bestimmtes Verfahren zur Schweinezucht ein. Bayern will sich einer entsprechenden Bundesratsinitiative anschließen.

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