"Schal, bescheuert, dummes Zeug"

Wie der PR-Profi Klaus Kocks die geplante "Freiheit statt Sozialismus" -Wahlkampagne der CSU beurteilt
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PR-Experte Klaus Kocks.
az PR-Experte Klaus Kocks.

Wie der PR-Profi Klaus Kocks die geplante "Freiheit statt Sozialismus" -Wahlkampagne der CSU beurteilt

Lagerwahlkampf im 21. Jahrhundert? Ein Gespenst geht mal wieder um: das des Kommunismus. Die CSU-Spitze will zur Bundestagswahl eine Kampagne nach dem Motto „Freiheit statt Sozialismus“ führen. Das hat das Führungsduo Huber/Beckstein auch beim Aschermittwoch sehr deutlich gemacht – unter Verwendung von Vokabeln wie „Volksfront“ und „Steigbügelhalter für die Kommunisten“. Doch das ist auch in den eigenen Reihen umstrittenen. Selbst Edmund Stoiber warnte, mit Draufhauen komme man den Linken nicht bei. Der Hamburger CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust mahnte, man dürfe die Linke nicht dämonisieren. Er wolle für Hamburg sicher keinen Lagerwahlkampf: „Die Etiketten links und rechts stimmen schon lange nicht mehr, zumindest nicht in Großstädten.“ Doch die CSU-Führung ist nach wie vor überzeugt von der Kampagne. Ihr einziges mögliches Zugeständnis: Dass man sie in „Zukunft statt Sozialismus“ abschwächt. Aber ziehen die alten Slogans heute überhaupt noch? Fühlt sich noch jemand davon angesprochen? Wie wirken sie? Die AZ sprach darüber mit einem PR-Strategen.

AZ: Die CSU plant einen Lagerwahlkampf à la Freiheit statt Sozialismus. Zieht das noch?
KLAUS KOCKS: Nein, absolut nicht. Diese Freund-Feind-PR – baue einen Feind auf, in der Hoffnung, dass du Freunde findest – zieht nicht mehr. Das hat ja schon bei Koch und seinen kriminellen Ausländern sowas von nicht geklappt, was ich extrem komisch fand: Der ist in ein Zeitfenster gefallen, aber die Leute sind nicht mitgefallen. Und dieses Franz-Josef- Strauß-Light-Verfahren mit Freiheit statt Sozialismus wird auch nicht funktionieren.

Warum?
Erstens: Für die Ossis ist nicht entscheidbar, ob nicht möglicherweise Sozialismus die bessere Vokabel ist. Zweitens: Die Kalte-Kriegs-Teilung der Gesellschaft ist auch für die Wessis weg. Die Generation der 30-Jährigen empfindet den schalen Nachgeschmack der Stammtische der 80er Jahre. Die Zeit der Kämpfer ist vorbei. Wir haben – und ich weiß gar nicht, ob ich froh drüber sein soll – die Zeit der Lächler. Die Zeit eines Christian Wulff. Der ist ja der Sarkozy für Arme.

Und was gilt speziell für Bayern? Glauben Sie, dass es hier erst recht nicht funktioniert, weil die Linke eine so kleine Rolle spielt? Oder dass es wenn dann noch hier am ehesten klappen kann, weil die Leute konservativer sind?
Nein, sowas geht auch nicht mehr bei der katholischen Landbevölkerung.

Der Slogan soll nun ein bisschen abgeschwächt werden, etwa in „Zukunft statt Sozialismus“. Vielleicht so eher?
Das ist genauso bescheuert. Diese Alternative stellt sich den Leuten doch gar nicht. Es ist ja auch nicht so, dass in Bayern die Machtübernahme durch den Sozialismus sehr kurz bevorsteht. Ja, in der Tat. So zu tun, als gebe es diese Alternative, ist dummes Zeug. Es schreckt nicht mehr. Es steht nicht mehr der Iwan mit einem Maschinengewehr hinter Hof. Diese Denke interessiert nur noch Historiker. Int.: tan



Klaus Kocks (55) war PR-Chef von VW, Aral und Ruhrgas. Seit 2002 ist er selbstständig und lehrt als Gastprofessor strategisches Kommunikations-Management.

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