Schäuble sieht kaum Spielräume für Steuersenkungen

Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den neuen schwarz-gelben Steuersenkungsplänen einen Dämpfer versetzt und damit den Koalitionspartner FDP erneut verärgert.
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Berlin (dpa) - Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den neuen schwarz-gelben Steuersenkungsplänen einen Dämpfer versetzt und damit den Koalitionspartner FDP erneut verärgert.

Er sehe für die geplanten Entlastungen in Milliardenhöhe weder größere Spielräume noch eine zwingende Notwendigkeit, sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". "Ich rate uns allen, keine Debatten zu führen, die große Erwartungen wecken und hinterher zu großen Enttäuschungen führen", so der Minister mit Blick auf ein ins Gespräch gebrachtes Steuersenkungsvolumen von 10 Milliarden Euro.

FDP-Chef Philipp Rösler mahnte dagegen mit Verweis auf Wachstum und Steuereinnahmen im "Hamburger Abendblatt": "Wir dürfen den richtigen Zeitpunkt für Entlastungen nicht verpassen." FDP- Generalsekretär Christian Lindner deutete laut "Tagesspiegel am Sonntag" erstmals eine Größenordnung von etwa 9 Milliarden Euro an. Er schränkte später aber in einer Mitteilung ein: "Wir haben noch kein konkretes Volumen festgelegt."

Schwarz-Gelb will die Steuerentlastung noch in dieser Wahlperiode durchziehen - gegen den Willen auch von CDU-Ministerpräsidenten. Eine Entlastung schon zum Januar 2012 soll es aber nicht geben.

Schäuble sagte, er sei "etwas unglücklich" über die öffentliche Debatte, die den Eindruck erweckt habe, es gebe große Spielräume für Steuersenkungen. "Die haben wir nicht, auch weil wir in der Koalition verabredet haben, dass die Haushaltskonsolidierung Vorrang hat."

FDP-Generalsekretär Lindner sagte, im Vergleich zum Vorjahr habe der Staat 18 Milliarden Euro mehr in der Kasse. Fast die Hälfte der zusätzlichen Einnahmen, also knapp 9 Milliarden Euro, gingen auf die "kalte Progression" zurück. Wenn in der Koalition jetzt über Steuersenkungen gesprochen werde, dann gehe es "um eine Entlastung in etwa dieser Größenordnung". Bei der "kalten Progression" werden Lohnzuwächse durch höhere Einkommensteuersätze zu großen Teilen aufgezehrt.

Schäuble zeigte sich in diesem Punkt kompromissbereit. "Das ist eine zusätzliche Steuerbelastung, über deren Rechtfertigung man diskutieren kann", sagte er und kündigte an: "Wie wir diesen Mechanismus beseitigen, darüber können wir sicherlich reden."

Lindner forderte Schäuble auf, der Linie der Koalitionsspitzen zu folgen: "Die Partei- und Fraktionsführungen von FDP und CDU/CSU haben in den vergangenen Tagen klar gemacht, dass wir die Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen entlasten. Das ist jetzt ein eindeutiger Arbeitsauftrag an Herrn Schäuble."

FDP-Chef Rösler sagte: "Die Koalition ist sich einig und arbeitet daran, dass die kalte Progression bei der Einkommensteuer noch in dieser Wahlperiode abgemildert wird. Wir können die Schuldenbremse einhalten und gleichzeitig die Bürger entlasten. Über das Volumen entscheiden wir, sobald wir die genauen Rahmenbedingungen kennen."

Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer versicherte im Magazin "Focus": "Es wird weitere Steuersenkungen noch in dieser Legislaturperiode geben, aber in Einklang mit der Wirtschaftslage und ohne die Haushaltskonsolidierung zu gefährden."

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel sagte der "Welt am Sonntag", seine Partei werde entsprechende Steuersenkungsvorhaben im Bundesrat blockieren. Er sieht einen Angriff auf die Schuldenbremse. "Die Regierung plant einen glatten Verfassungsbruch."

Widerstand kam auch aus der Union. CDU-Haushaltsexperte Georg Schirmbeck sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Sollte die Regierung solche Steuerpläne in den Bundestag einbringen, wird sie keine Mehrheit für diesen Unsinn finden."

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) lehnt eine voreilige Steuerentlastung ab. Insbesondere die Sozialausgaben, die sich in diesem Jahr auf über 42 Milliarden Euro beliefen, belasteten die Städte und Gemeinden ohnehin enorm, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der "Rheinpfalz am Sonntag".

Eine Entlastung bei der Einkommensteuer um 10 Milliarden Euro würde allein in Rheinland-Pfalz Ausfälle von geschätzt 220 Millionen Euro verursachen, sagte Finanzminister Carsten Kühl (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. "Das Land müsste also öffentliche Leistungen kürzen, zum Beispiel bei den Lehrern oder bei der Polizei."

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