Sachsen überholt Bayern
MÜNCHEN - Der Ost-Freistaat landet bei der neuen Pisa-Studie in allen Disziplinen auf Platz 1 – vor dem West-Freistaat. Was Experten sagen und welche Rolle die soziale Herkunft immer noch spielt
Sachsen triumphiert beim Pisa-Test: Das Bundesland erreicht in allen drei Disziplinen Platz eins. Bei der letzten Studie war noch Bayern in allen drei Sparten Sieger geworden. Damit verliert Bayern auf einen Schlag gleich alle drei Spitzenplätze – aber landet immerhin noch jeweils auf Platz zwei.
Offiziell werden die Ergebnisse der dritten Pisa-Studie erst heute auf der Kultusministerkonferenz vorgestellt, doch gestern sickerten die Ergebnisse bereits durch. Durchgeführt wurde die Studie 2006, um zu sehen, was sich seit den ersten beiden Pisa-Tests 2000 und 2003 geändert hat.
Und es gibt in der Tat Verschiebungen: In allen drei geprüften Bereichen Naturwissenschaften, Mathematik und Lesen/Textverständnis landet nun der Ost-Freistaat Sachsen auf Platz eins. 2003 war es jeweils der West-Freistaat Bayern. Extrem gut schneidet auch der dritte deutsche Freistaat, Thüringen ab: zweimal Platz drei, einmal Platz vier (in Mathe). Schlusslicht ist in allen Sparten Bremen.
Nach wie vor messen die Pisa-Forscher einen erheblichen Zusammenhang zwischen Geldbeutel der Eltern und Bildung der Kinder. „Statistisch bedeutsame Veränderungen“ gab es nur in Bayern – aber auf niedrigstem Niveau: Nach wie vor ist die Abhängigkeit von der Herkunft hier „am ausgeprägtesten“.
Warum schneiden Schüler aus Sachsen und Bayern so gut ab? Die Zahl der Unterrichtsstunden kann laut Wissenschaftlern Einfluss auf die Platzierung haben. Schüler in Bayern und Sachsen jedenfalls haben bis zur neunten Klasse mit 12107 beziehungsweise 11496 die meisten Unterrichtsstunden. Das gute Abschneiden der jungen Sachsen und auch der Thüringer in den Naturwissenschaften erklärt sich Heinz-Peter Meidinger vom Deutschen Philologenverband mit den „besseren pädagogischen Rahmenbedingungen“. Im Schnitt sind dort fünf Schüler weniger in den Klassen als im Westen.
Bereits 2007 gab’s die internationalen Ergebnisse dieser Pisa-Studie. Finnland lag an der Spitze der 57 Staaten, Deutschland eroberte Rang 13. Für den innerdeutschen Vergleich wurden zusätzlich 57000 15-Jährige an 1500 Schulen getestet.
Wie aussagekräftig ist Pisa? „Die Studie misst nur einen kleinen Ausschnitt“, sagt Meidinger zur AZ. Der gute Fremdsprachenunterricht oder die Bandbreite der Fächer werde nicht berücksichtigt. „Trotzdem ist Pisa wichtig, weil es Grundkompetenzen misst.“ Frühförderung sei ein Schlüssel, glaubt Meidinger. Es sei wichtig, die Eltern miteinzubeziehen. Während sich in Naturwissenschaften schneller Erfolge zeigten, könne die Lesekompetenz nicht allein im Deutschunterricht gestärkt werden. Das scheint eine neue Studie zu belegen: 37 Prozent der Kinder zwischen vier und elf Jahren in Deutschland bekommen nie vorgelesen.
ela