Sachsen: CDU gewinnt, FDP scheitert, AfD stark
Sachsen bleibt fest in der Hand der CDU - obwohl diese am Sonntag ihr bisher schlechtestes Ergebnis im Freistaat erzielt. Schwarz-Gelb ist aber abgewählt. Ministerpräsident Tillich hat nun zwei Optionen.
Dresden - Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen trotz leichter Verluste gewonnen, muss sich aber wegen des Absturzes der FDP einen neuen Koalitionspartner suchen. Die Liberalen flogen nach Hochrechnungen von ARD und ZDF wie schon bei der Bundestagswahl 2013 aus der Regierung und aus dem Parlament. Dafür zog die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) erstmals in einen Landtag ein. Ungewiss war zunächst, ob sich die rechtsextreme NPD dort halten kann. Die Grünen kamen knapp über die Fünf-Prozent-Hürde.
Als wahrscheinlichste Koalition nach der Abwahl von Schwarz-Gelb gilt in Dresden nun ein Bündnis von CDU und SPD, was auch die große Koalition von Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel stärken würde. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) könnte aber auch mit der AfD regieren.
Die seit der Wende ununterbrochen in Sachsen regierende CDU kommt in den Hochrechnungen von ARD und ZDF auf 39,2 bis 39,5 Prozent. Ihr bisheriger Koalitionspartner FDP erreicht 3,8 bis 4,2 Prozent - damit ist die letzte schwarz-gelbe Regierung auf Landesebene Geschichte. Zweitstärkste Kraft wird erneut die Linke mit 18,4 bis 18,9 Prozent. Die SPD liegt bei 12,5 bis 12,6 Prozent, die AfD bei 9,8 bis 10,0 Prozent. Die Grünen erreichen 5,4 bis 5,8 Prozent, die NPD bekommt 5,0 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei schlechten 48,5 Prozent.
Danach kann die CDU 57 bis 58 Abgeordnete ins Parlament entsenden. Die Linke bekommt 27 Sitze, die SPD 18 und die AfD 14. Die Grünen können mit 7 bis 8 Mandaten rechnen, die NPD mit 7. Obwohl die CDU damit ihr schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen in Sachsen erzielte, kann der im Mai 2008 ins Amt gekommene und im Land beliebte Tillich erneut die Regierung bilden. "39 Prozent oder noch ein Stückchen mehr ist ein Superergebnis", sagte er und verwies darauf, dass die CDU rund 20 Prozentpunkte vorne liege. Nach dem Scheitern der FDP hoffen nun vor allem die Sozialdemokraten mit Spitzenkandidat Martin Dulig, Juniorpartner zu werden.
CDU und SPD hatten Sachsen schon von 2004 bis 2009 zusammen regiert. Die SPD verbesserte sich entgegen den Erwartungen aus den Umfragen nur leicht. In Berlin sprach SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi von einem "bittersüßen Ergebnis" für ihre Partei. Eine Mehrheit hätte auch eine Koalition aus CDU und AfD, die Tillich nicht generell ausgeschlossen hat. Unionsfraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer betonte aber in Berlin: "Wir wollen keine Koalition mit der AfD."
Der SPD-Bundesvorsitzende Sigmar Gabriel forderte den Regierungschef im ZDF auf, keine Regierung mit der AfD zu bilden: "Das fände ich einen schlimmen Vorgang, mit einer rechtspopulistischen Partei zu koalieren." Die AfD, die in Sachsen ihre Hochburg hat, schnitt ähnlich stark ab wie zuvor bei der Europawahl, wo sie im Land 10,1 Prozent holte. Der AfD-Bundesvorsitzende Bernd Lucke wertete den Einzug in das erste Landesparlament als Beleg dafür, dass die AfD endgültig in der deutschen Parteienlandschaft angekommen sei.
Die FDP vermied zwar ein Desaster wie 1999, als sie in Sachsen mit 1,1 Prozent ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis in ganz Deutschland einfuhr. Sie setzte aber die Serie schwerer Niederlagen bundesweit fort und ist jetzt nur noch in 8 der 16 Landtage vertreten. Der Abgrenzungskurs gegenüber der Bundespartei im Wahlkampf zeigte keine Wirkung. Spitzenkandidat Holger Zastrow reagierte enttäuscht: "Ich glaube, wir haben alle Register, die man ziehen kann, auch gezogen. Und es hat trotzdem nicht gereicht." Die von ihrem Landesvorsitzenden Rico Gebhardt in die Wahl geführte Linke wurde wie schon seit 1999 zweitstärkste Kraft. Ihr fehlen aber - anders als möglicherweise in zwei Wochen in Thüringen - die Mehrheiten, um eine Regierung zu bilden. Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping forderte SPD und Grüne auf, sich in künftigen Wahlkämpfen klarer zu positionieren. "Man muss etwas tun für eine Wechselstimmung."
Der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir war trotz der leichten Verluste seiner Partei zufrieden und sprach von einem "wichtigen Signal": "Wir sind eine gesamtdeutsche Partei. Wir wollen in allen Bundesländern in der Bundesrepublik Deutschland vertreten sein." Zur Wahl aufgerufen waren 3,4 Millionen Bürger. Um die regulär 120 Mandate im Landtag in Dresden bewarben sich 636 Kandidaten. 14 Parteien traten mit Landeslisten an. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate zählte der Landtag zuletzt 132 Abgeordnete. Die CDU hatte schon die Wahl 2009 mit 40,2 Prozent klar gewonnen. Dahinter folgten die Linke mit 20,6 Prozent, die SPD mit 10,4, die FDP mit 10,0, die Grünen mit 6,4 und die rechtsextreme NPD mit 5,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag 2009 bei 52,2 Prozent.