Russland kritisiert Syriens Regime
Im Weltsicherheitsrat zeichnet sich im Ringen um eine gemeinsame Erklärung zur Krise in Syrien eine Einigung ab. Außenminister Sergej Lawrow kündigte am Mittwoch in Berlin an, dass Russland dem UN-Dokument zustimmen wolle.
Kairo/Beirut/Dubai - "Das Wichtigste ist, dass es keinerlei ultimative Forderungen gibt", sagte Lawrow. In der Erklärung gebe es auch keine Androhungen und keine Thesen, wer mehr Schuld an dem Konflikt trage.
Vor seiner Deutschlandreise hatte der russische Chefdiplomat Präsident Baschar al-Assad scharf kritisiert: "Syrien hat auf die ersten friedlichen Demonstrationen vor einem Jahr falsch reagiert", sagte er.
Trotz der mehr als 8000 Toten in Syrien ist der UN-Sicherheitsrat bislang stumm geblieben, weil China und vor allem Russland alle Resolutionen blockierten. Zur Debatte stand zuletzt eine erneute Präsidentielle Erklärung. Das ist eine reine Stellungnahme, die keinerlei Strafen enthalten kann. Das UN-Gremium hatte bereits im August eine Präsidentielle Erklärung verabschiedet und die Gewalt in Syrien verurteilt. Konkrete Folgen waren aber nicht erkennbar.
Die Agentur Interfax zitierte Lawrow nun mit den Worten: "Es ist gelungen, einen Konsens zur Unterstützung der Handlungen und Vorschläge des UN-Sondergesandten Kofi Annan herbeizuführen." Die westlichen Verhandlungspartner hätten sich eine Pause ausbedungen. Er hoffe, dass diese Pause noch im Laufe des Tages Ende und das Dokument angenommen werde. Mit der Erklärung sollten die Bedingungen für den "Beginn eines politischen Dialogs" geschaffen werden. Annan hatte vor eineinhalb Wochen in Damaskus mit Assad über eine Lösung der Krise verhandelt.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle betonte, dass es weiterhin erhebliche Differenzen zwischen Russland und anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats gebe. "Wir sind mit Sicherheit in keinem Zustand, wo wir keine Meinungsunterschiede hätten. Aber entscheidend ist, dass wir jetzt das tun, was möglich ist, um den Menschen zu helfen." Er hoffe jetzt auf "neue Bewegung" durch den Beginn eines politischen Dialogs.
Syriens Regime setzte derweil seine Offensive in den Protesthochburgen fort, landesweit starben nach Angaben von Aktivisten mindestens zwölf Menschen, darunter zwei Kinder. Wie die oppositionelle Freie Syrische Armee der Deserteure erklärte, rückten die regierungstreuen Soldaten nach Deir as-Saur an der Grenze zum Irak vor. Zuvor habe die Armee der Fahnenflüchtigen die Region verlassen. In den vergangenen Wochen haben Truppen des Regimes von Präsident Baschar al-Assad bereits Kontrolle über die Stadt Idlib und zuvor über das lange umkämpfte Homser Viertel Baba Amro übernommen.
Syriens staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete zudem über einen Selbstmordanschlag in der Provinz Daraa, bei dem zahlreiche Sicherheitskräfte getötet worden seien. Wegen der Medienblockade sind solche Berichte nur schwer zu überprüfen.
In der syrischen Herrscherfamilie gibt es nach Informationen aus Oppositionskreisen derweil hitzige Debatten über das Für und Wider einer Exil-Lösung. Das in Syrien gut vernetzte Nachrichtenportal "All4Syria" aus Dubai berichtete, Assads Mutter Anisa Machluf wolle, dass die gesamte Familie das Land verlasse. Vorher sollten Russland und die USA dem Assad-Clan und seinen engsten Getreuen garantieren, dass sie nicht strafrechtlich verfolgt werden. Eine unabhängige Überprüfung dieses Berichts war nicht möglich.