Rüstungsindustrie wirft Regierung Verunsicherung vor

Der Wirtschaftsminister will die Rüstungsexporte einschränken. Und die Verteidigungsministerin will nicht mehr zwingend alle wichtigen Waffen in Deutschland kaufen. Die Branche ist verunsichert - und fordert klare Ansagen.
von  dpa

Berlin - Die Rüstungsindustrie fordert von der Bundesregierung eine klare Haltung zur Zukunft der Branche in Deutschland.

"Bisher gibt es nur Ressortpositionen, die nicht abgestimmt sind und zu Irritationen führen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV), Georg Wilhelm Adamowitsch, der Nachrichtenagentur dpa.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will dem Fachausschuss des Bundestags heute ihre Pläne für die Reform des Rüstungssektors bei der Bundeswehr erläutern. Am Montag hatten externe Experten ihr einen Bericht vorgelegt, der bei neun Großprojekten 140 Risiken und Probleme auflistet. Am Nachmittag wird das Bundestagsplenum darüber debattieren.

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel wird am Mittag in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik eine Grundsatzrede zur Rüstungsexportpolitik halten. Der SPD-Politiker will weniger Waffenlieferungen in Staaten außerhalb von EU und Nato genehmigen als vorherige Regierungen. Vor allem Exporte in arabische Länder sind wegen der Menschenrechtslage dort umstritten.

Der Rüstungsindustrie-Vertreter Adamowitsch sagte: "Wir sehen die Notwendigkeit, dass die Bundesregierung zu einer einheitlichen Auffassung gelangt. Darauf haben die Unternehmen einen Anspruch." Die unklare Haltung der Regierung in der Rüstungspolitik habe bereits zu negativen Auswirkungen an den Finanzmärkten und bei der Kreditvergabe geführt.

Die Rüstungsindustrie mit ihren fast 100 000 Mitarbeitern steht derzeit von zwei Seiten unter Druck. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geht bei Genehmigung von Rüstungsexporten restriktiver vor als seine Vorgänger. Und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) will den Rüstungssektor in ihrem Haus umkrempeln und bei der Beschaffung bestimmter Waffensysteme die Tür für Einkäufe aus dem Ausland weiter öffnen. Als Schlüsseltechnologien, die zwingend aus Deutschland kommen müssen, sollen nur noch wenige Bereiche wie Aufklärungstechnik und Schutzausrüstung gelten.

"Wir fordern, dass die Bundesregierung zu beiden Themen - Schlüsseltechnologien und Rüstungsexportpolitik - das Gespräch mit uns sucht", sagte Adamowitsch. Die Verunsicherung habe bereits zu konkreten Nachteilen für die Unternehmen geführt. "Die öffentliche Diskussion im letzten halben Jahr über eine restriktivere Rüstungsexportpolitik hat beispielsweise dazu geführt, dass die Finanzmärkte begonnen haben zu reagieren. Der Londoner Finanzmarkt stellt zunehmend die Frage: Was ist denn in Deutschland los?" Zudem seien die Volksbanken und Sparkassen, die über Kredite kleine und mittlere Unternehmen finanzieren, mit dem Unternehmenszins hochgegangen.

Von der Leyen hat nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung am Dienstag in der Unionsbundestagsfraktion ihre Amtsvorgänger unter anderem für die mangelnde Kontrolle bei Rüstungsprojekten verantwortlich gemacht. Sie habe nach Amtsantritt viele Aufräumarbeiten erledigen müssen, zitierte die Zeitung die Ministerin unter Berufung auf Sitzungsteilnehmer. Immerhin habe ihr Vorgänger Thomas de Maizière (CDU) begonnen, sich einen Überblick über den Zustand der Bundeswehr zu verschaffen, erklärte von der Leyen demnach weiter. Neben de Maizière hörte auch Ex-Verteidigungsminister Franz-Josef Jung (CDU) zu - beide dem Bericht zufolge reglos.

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