Rüstungsgutachten gibt von der Leyen "Lizenz zum Aufräumen"

Experten haben massive Verzögerungen und Verteuerungen bei allen großen Rüstungsprojekten der Bundeswehr festgestellt.
dpa |
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Berlin - In einem Gutachten, das Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Montag in Berlin entgegennahm, raten sie zu grundlegenden Reformen bei der Beschaffung und fordern eine neue "Führungskultur" im Ministerium. Außerdem empfehlen die Gutachter, die vor einem Jahr ausgemusterte Skandal-Drohne "Euro Hawk" zu reaktivieren, um das in die Drohne integrierte Aufklärungssystem Isis weiter zu testen.

Von der Leyen interpretierte das Ergebnis des Gutachtens als Lizenz zum Aufräumen im Verteidigungsressort, das sie im vergangenen Herbst von ihrem Parteikollegen Thomas de Maizière übernommen hatte. Es komme nun eine "harte Managementaufgabe" auf sie zu, sagte sie bei der Entgegennahme des Expertenberichts, den sie selbst in Auftrag gegeben hatte.

Kritiker forderten, die CDU-Politikerin müsse nun endlich liefern. "Mit dem heutigen Tage ist die Zeit der Ausreden für Ursula von der Leyen vorbei", sagte SPD-Generalsekretär Yasmin Fahimi. Die Ministerin müsse nun zeigen, ob sie das "Chaos bei der Bundeswehr" in den Griff bekomme. Ähnlich äußerten sich die Grünen.

Weitere Personalveränderungen auf Spitzenpositionen sind jedoch nach Angaben aus dem Verteidigungsministerium nicht vorgesehen. Die Unternehmensberatung KPMG, die Ingenieurgesellschaft P3 und die Anwaltskanzlei Taylor Wessing hatten im Auftrag der Ministerin drei Monate lang den Rüstungsbereich durchleuchtet. Zuvor hatten sich Berichte über Kostensteigerungen, Verzögerungen und Ersatzteilprobleme bei mehreren Waffensystemen gehäuft. Die Ergebnisse einer ersten, internen Überprüfung fand die Ministerin nicht überzeugend.

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Das Gutachten listet insgesamt 140 Probleme und Risiken bei den größten Rüstungsprojekten der Bundeswehr auf und stellt ein teilweise vernichtendes Zeugnis aus. Nach Erkenntnissen der Experten haben sich die neun größten Projekte zwischen zweieinhalb und zehn Jahre verzögert. Fast alle wurden im Laufe der Zeit auch teurer. Teilweise liegen die zusätzlichen Kosten im Milliardenbereich.

Die Experten sehen die Gründe für diese Probleme auch in der bisherigen Führungskultur des Ministeriums. In ihrem Gutachten heißt es dazu: "Das Management von Rüstungsprojekten verlangt eine Führungskultur, in der Transparenz und Integrität gelebt werden." Außerdem müssten die Regierungsbeamten lernen, bei der Auftragsvergabe an Rüstungskonzerne Anreize zu setzen, Sanktionen durchzusetzen und sich auch "juristisch auf Augenhöhe" mit den Anbietern zu bewegen.

Zur Entwicklung einer Drohne für die Bundeswehr erklären die Gutachter, es sei klar, dass eine Serienreife des "Euro Hawk" niemals erreicht werde. Es wird daher weiter nach einem anderen Trägersystem für die Aufklärungstechnologie gesucht. Im Gespräch ist die Schwester-Drohne des "Euro Hawk", "Triton", vom selben Hersteller Northrop Grumman.

Im vergangenen Jahr hatte der damalige Verteidigungsminister de Maizière die Entwicklung des "Euro Hawk" wegen massiver Probleme bei der Zulassung für den deutschen Luftraum und drohender Mehrkosten von 500 bis 600 Millionen Euro gestoppt. Seit zwölf Monaten steht die Drohne nun ungenutzt im Hangar. Der "Euro Hawk" hat den Steuerzahler bis zum Abbruch des Projekts bereits 600 Millionen Euro gekostet, davon 288 Millionen für die Aufklärungstechnik.

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