Rösler setzt sich mit Euro-Rettungskurs durch
Berlin - Bei der seit Oktober laufenden Befragung stimmten 54 Prozent für seine Position, den von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Euro-Ländern geplanten ESM mitzutragen. Das Quorum wurde knapp verfehlt, der Entscheid hat damit nicht den Status eines Parteitagsbeschlusses. Das teilte Rösler am Freitag in Berlin mit. Damit kann der zuletzt durch den unerwarteten Rücktritt von FDP-Generalsekretär Christian Lindner am Mittwoch belastete Parteichef wieder auf Aufwind hoffen.
Rösler sagte, es sei einmal mehr die Linie der schwarz-gelben Regierung bestätigt worden. "Und damit auch die des Bundesvorstands." Die FDP bleibe eine Partei, die klar proeuropäisch ausgerichtet sei. Er bedankte sich bei allen Mitgliedern und ging versöhnlich auf die Kritiker ein.
Für den Antrag des Euro-Rebellen Frank Schäffler, der den ESM entschieden ablehnt und den Entscheid initiiert hatte, sprachen sich 44 Prozent aus - rund 2000 Stimmen weniger als für den Antrag des FDP-Vorstands.
Um das Quorum zu erreichen, wäre die Beteiligung von einem Drittel der rund 64 500 Mitglieder nötig gewesen. Das Quorum wurde mit 31,5 Prozent nur knapp verfehlt.
Bis zu einem umstrittenen Interview Röslers am vorigen Wochenende waren nach Parteiangaben deutlich weniger Antworten eingegangen. In dem Interview hatte Rösler den Mitgliederentscheid vor Ablauf der Frist bereits für gescheitert erklärt, weil das Quorum vermutlich nicht erreicht werde. Den Zahlen nach zu urteilen, hat Rösler mit dieser Provokation Mitglieder noch mobilisiert, sich an der Befragung zu beteiligen.
Der Stabilitätsmechanismus ESM soll Mitte 2012 den befristeten derzeitigen Euro-Rettungsfonds EFSF ablösen. Bei beiden Fonds geht es um Kredite von mehreren hundert Milliarden Euro.
Der designierte FDP-Generalsekretär Patrick Döring hatte vor der Bekanntgabe des Ergebnisses an die Partei appelliert, unabhängig vom Ausgang zusammenzustehen. Die stellvertretende Parteivorsitzende Birgit Homburger mahnte in der Zeitung "Die Welt": "Die Situation für die FDP ist ernst."
Die FDP-Spitze hat bei den eigenen Mitgliedern nach Ansicht von Unionsfraktionsvize Michael Meister (CDU) zu wenig für den Euro-Rettungskurs der Regierung gekämpft. Sie hätte sich stärker engagieren sollen, sagte Meister dem RBB-Sender Radio eins. Der im FDP-Präsidium sitzende Entwicklungsminister Dirk Niebel betonte aber, hochgerechnet auf die gesamte Mitgliederzahl von 64 500 bedeute das Votum, dass nur 13,4 Prozent gegen den ESM gestimmt hätten. "Das ist ein klarer Auftrag für die FDP-Führung."
Hätte sich Schäffler mit der Ablehnung des ESM durchgesetzt, wäre die FDP im Parlament in einen Loyalitätskonflikt geraten. Entweder hätte sie für den ESM und damit gegen die eigene Partei stimmen müssen - oder aber gegen den ESM und damit gegen die eigene Regierung. Das hätte die Koalition gefährdet. Abgeordnete pochen grundsätzlich darauf, dass sie ihre Entscheidungen im Parlament frei treffen dürfen. So können sie auch von Parteitagsbeschlüssen oder Mitgliederentscheiden abweichen, die das Quorum erfüllen.
Der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hält die Mitgliederbefragung unabhängig vom Ausgang für belastend. "Jede Stimme gegen den ESM ist eine Stimme gegen die Parteiführung", sagte Kubicki der "Rheinischen Post" (Freitag).