Robert Habeck: Der neue starke Mann der Grünen

Bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen, die morgen beginnt, dürfte der schleswig-holsteinische Umweltminister Robert Habeck zum neuen starken Mann gewählt werden. Aber was ist er für ein Typ?
Bernhard Junginger |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Fischer-Versteher: der schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck an Bord eines Fischkutters.
dpa Der Fischer-Versteher: der schleswig-holsteinische Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck an Bord eines Fischkutters.

Über Robert Habeck gibt es diese Geschichte mit den Fischern und dem vielen Rum. Vielleicht, sagen Parteifreunde, die seinen Aufstieg bei den Grünen seit Jahren verfolgen, sagt diese Erzählung am meisten über ihn aus.

Sie geht so: Schleswig-holsteinische Küstenfischer gelten als eher wortkarg, von Politkern, noch dazu von den Grünen, halten sie in der Regel nicht viel. Doch als Habeck 2012 Landwirtschafts-, Energie und Umweltminister in Kiel wurde, da ist er erst mal mit den Fischern auf ihren Kuttern hinaus aufs Meer gefahren.

Und hat sich auf hoher See bei der einen oder anderen Buddel Rum ihre Sichtweise angehört. Am Ende waren die Fischer nicht nur von der Trinkfestigkeit des Politikers überzeugt. Sondern hörten auch seinen Argumenten zu.

Das Image als Gummistiefel-Minister hat den 48-Jährigen zum Hoffnungsträger der Grünen gemacht. Bei der Bundesdelegiertenkonferenz, die morgen in Hannover beginnt, kandidiert er für einen der Posten in der Doppelspitze.

Die bisherigen Parteichefs treten nicht mehr an – und hinterlassen unterschiedlich große Lücken. Mit Cem Özdemir tritt das wohl wichtigste Aushängeschild der vergangenen Jahren in die zweite Reihe zurück. Seine Co-Vorsitzende Simone Peter dagegen hat nur wenige Grüne überzeugt.

Er wünscht sich eine Übergangszeit von einem Jahr

Auf Habeck lastet nun die Erwartung, das Schwergewicht Cem Özdemir zu ersetzen. Seine Wahl gilt als sicher. Dass sich seine Mitbewerberinnen Annalena Baerbock (37) und Anja Piel (52) gegen ihn durchsetzen, damit rechnet kaum einer. Für Habeck hält der Parteitag aber eine andere Hürde bereit: das Prinzip der Ämtertrennung. Seinen "Traumjob", wie er das Ministeramt in Kiel bezeichnet, will er nicht so einfach sang- und klanglos hinter sich lassen.

Er wünscht sich eine einjährige Übergangszeit. Es gibt zwar manche, die vermuten, dass Habeck dieses Amt nur deshalb noch nicht niedergelegt hat, um nicht mit leeren Händen dazustehen, falls er nicht an die Parteispitze gewählt wird. Doch für seine Wahl spricht auch die grüne Tradition, dass sich ein Mann und eine Frau die Spitzenämter teilen.

Die Einteilung der Partei in zwei Flügel hält er für gefährlich

Wichtiger noch ist in der Ökopartei das Prinzip, dass je ein Vertreter des "Fundi"- und des gemäßigteren Realo-Flügels zum Zug kommen sollen. Anja Piel gilt als Fundi–grüne, Annalena Baerbock wird dem Realo-Flügel zugerechnet. Auch den pragmatischen Habeck sortieren viele, gerade aus dem linksgrünen Lager, ebenfalls bei den Realos ein. Er selbst hat sich indes immer dagegen gewehrt, für und von einem der beiden Lager vereinnahmt zu werden.

Die Einteilung seiner Partei in zwei konkurrierende Flügel hält er für überflüssig, überholt, ja gefährlich. In der Bevölkerung koste der Eindruck der Zerrissenheit nur Wählerstimmen, ist er überzeugt. Habeck, der als Frauenschwarm gilt, wird zugetraut, die Grünen als mögliche Regierungspartei im Gespräch zu halten. Das Heil sieht er nicht in lauter Fundamentalopposition. "Wir sollten unsere Politik so ausrichten, dass wir bei wichtigen Themen eine gesellschaftliche Mehrheit erreichen können", umreißt er seine Strategie. Die Grünen will er zur "Ideenwerkstatt der Republik" machen. Auf die richtige Mischung aus Vision und Realismus komme es an.

Doch vor dem Wechsel aus seinem Ministerbüro mit Meerblick in die Berliner Parteizentrale steht der Parteitag in Hannover. Erhält Habeck wirklich eine Mehrheit, obwohl er sich dem grünen Lagerdenken verweigert? Werden ihm die Parteifreunde die Übergangsfrist gewähren? Es gibt kaum einen Grünen-Politiker, der Zweifel daran hat, dass Habeck jetzt der Richtige ist. Die Partei, heißt es bei Realos wie bei Fundis, brauche jetzt genau so einen wie ihn.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.