Richtig, Frau Merkel!
Der Vize-Chefredakteur Georg Thanscheidt über den Atom-Ausstieg und Kritik aus Europa
Jetzt ist es endlich mal an der Zeit, unsere Kanzlerin in Schutz zu nehmen: Nicht vor den deutschen Kritikern ihrer Zick-Zack-Atompolitik, sondern vor der unberechtigten Kritik aus dem europäischen Ausland am deutschen Atom-Ausstieg. Fast alle europäischen Nachbarn – von der Schweiz und Österreich mal abgesehen – beurteilen Merkels Atomwende als Ranschmeißen ans grüne Wählerlager, für die meisten dokumentiert es die Schwäche der schwarz-gelben Regierung. Die britische „Times“ spottet, dass in der Bundesrepublik bisher mehr Menschen an EHEC als an Atomstrahlen gestorben seien, geißelt den Ausstieg als Überreaktion und fürchtet, dass das künftige Öko-Deutschland „wirtschaftlich noch stärker, noch arroganter und selbstgefälliger“ auftreten werde.
In der wahltaktischen Beurteilung mögen die Kommentatoren aus dem Ausland recht haben. In der Beurteilung der Kernkraft liegen die Politiker und Leitartikler von Madrid über Paris bis nach London komplett daneben: Merkels Ausstieg aus dem rot-grünen Atom-Ausstieg war schon vor Fukushima falsch. Und angesichts der Atomkatastrophe in Japan erschien er dann sogar grundfalsch.
Deswegen ist es richtig, nun den Ausstieg vom Ausstieg aus dem Ausstieg zu vollziehen – möglichst bald. Und wenn baldmöglichst 2022 ist, dann ist das auch okay. Deswegen ist Merkels Gesetzesinitiative eine breite Mehrheit im Bundestag zu wünschen – das wäre auch ein Signal ans Ausland.