"Richter Gnadenlos" soll erpresst worden sein

Der ehemalige Innensenator Hamburgs wird weiterhin seine Pension beziehen - trotz des im Internet kursierenden «Kokain-Videos». Nun tauchen Berichte auf, dass er erpresst werde, auch wegen eines Sex-Videos.
Dem früheren Hamburger Innensenator Ronald Schill droht im Zusammenhang mit einer Filmaufnahme beim angeblichen Kokain-Konsum keine Einschränkung seiner Pensionsbezüge. Es gebe keine Möglichkeit, dem 49-Jährigen deswegen seine Pension von rund 1400 Euro als ehemaliger Amtsrichter zu kürzen, zitierte die «Bild»-Zeitung am Montag den Leiter des Hamburger Personalamtes, Volker Bonorden.
Im Internet kursiert seit vergangener Woche ein Video, das den ehemaligen Politiker beim Schnupfen eines weißen Pulvers zeigt. Schill hatte sich in seiner Amtszeit als Hamburger Innensenator von 2001 bis 2003 als harter Kämpfer gegen den Drogenhandel profiliert. Schon damals hatte es Behauptungen gegeben, Schill selbst sei Kokain-Konsument, was er immer zurückwies. Laut «Bild»-Zeitung räumt Schill auf dem Video ein, ein Drogentest, der ihn eigentlich entlastet hätte, sei gefälscht worden.
Ungerechte Urteile als Richter
Nach Informationen des «Hamburger Abendblattes» sei Schill über Monate hinweg von den Personen, die das Video aufgenommen haben, oder späteren Besitzern des belastenden Materials erpresst worden. Die Täter sollen Geld verlangt und gedroht haben, das Video an die Medien zu geben, wenn Schill nicht zahle. In Unterlagen, die dem Abendblatt vorliegen, heißt es, Schill sei bei Sex-Szenen gefilmt worden. Die Erpresser sollen angeboten haben, politisch brisantes Material zurückzuhalten, wenn Schill der Veröffentlichung der angeblichen Sex-Szenen zustimme. Außerdem hätten die Erpresser dem ausgewanderten Ex-Politiker angeboten, entlarvende Äußerungen über seine Zeit als Richter zurückzuhalten, wenn er Geld bezahle. Schill sagt nach Angaben der «Bild»-Zeitung an einer Stelle des Videos, dass er Schwarze stets besonders hart bestraft habe. Polizisten habe er hingegen nach Möglichkeit «immer freigesprochen». Eine Überprüfung damaliger Urteile belegt diese Aussagen.
Mehrfach Berufungen gegen Schill-Urteile
Mehrfach hatte sogar die Anklagebehörde nach Urteilen Schills gegen Personen schwarzer Hautfarbe Berufung zugunsten der Angeklagten eingelegt. Einen HIV-erkrankten Äthiopier verurteilte Schill nach einer Schlägerei beispielsweise zu zwei Jahren und acht Monaten Haft. Ein 22-jähriger Afrikaner, der einem Jugendlichen eine Kopfnuss verpasst hatte, bekam acht Monate Haft auf Bewährung. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein. Einen Polizisten hingegen, der Schwarze misshandelt haben soll, sprach Schill trotz Zeugenaussagen «aus Mangel an Beweisen» frei. Den Angeklagten nannte er einen «engagierten Polizisten, der versucht hat, die Rechtsstaatlichkeit durchzusetzen.»
Schill war im Jahr 2001 nach einem Sensationserfolg von fast 20 Prozent der Wählerstimmen Innensenator in einer Koalition aus CDU, Schill-Partei und FDP geworden. Im Jahr 2003 warf von Beust Schill nach einem Erpressungsversuch aus dem Senat. Der frühere Amtsrichter zog sich nach seiner Wahlniederlage 2004 aus Hamburg zurück und verbrachte viel Zeit in Brasilien. Schill war vor seiner Politkarriere Amtsrichter und wurde wegen harter Urteile als «Richter Gnadenlos» bekannt. (nz/AP)