Rezept gegen die Rezession: Steuern runter? Ja, bitte!
Auch wenn es auf Pump wäre: Experten fordern angesichts schlechter Prognosen für 2009 niedrigere Abgaben. Und zwar sofort. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen.
MÜNCHEN So düster war die Lage lange nicht mehr. "Die Botschaft dieser Zahl ist: Die Rezession ist da", sagt Kai Carstensen. Was der Konjunkturchef des Münchner Ifo-Instituts meint: Das Geschäftsklima, das die Forscher monatlich erheben, ist auf den tiefsten Stand seit 1993 gestürzt.
Die schlechte Stimmung, berichtet Carstensen, gehe quer durch alle Branchen. Eine Einschätzung, die auch das Institut der deutschen Wirtschaft bestätigt. Mehr als 1800 Firmen hat das IW befragt. Ergebnis: Jede dritte will 2009 Jobs streichen.
"Deutschland steckt in einer sich selbst verstärkenden Abwärtsspirale", so der Wirtschaftsweise Peter Bofinger zur AZ. Hitzig diskutieren Politiker deshalb die Frage: Müssen jetzt die Steuern runter? Die Ökonomen sind sich da schon fast einig: Sie müssen. Und das schnell. Die AZ beantwortet die wichtigsten Fragen zum Streitthema Steuersenkungen.
Wann sollten die Steuern sinken? Sobald wie möglich, sagen die Experten. "Die Krise ist 2009 am härtesten", meint Michael Bräuninger, Konjunkturchef des Hamburger HWWI-Instituts zur AZ. "2010 kommen die Entlastungen zu spät." Auch Bofinger fordert: "Die Senkung muss schnell kommen und breit wirken."
Welche Steuern sollten sinken? Da gehen die Meinungen auseinander. Bofinger hat einen außergewöhnlichen Vorschlag: Der Staat soll "Steuerschecks" an jeden Bürger verteilen. Gemeint ist eine sofortige Steuerrückzahlung von 125 Euro. "Eine vierköpfige Familie hätte so 500 Euro mehr auf einen Schlag." Das helfe dem Konsum, meint der Wirtschaftsprofessor. "Der Vorteil ist: Jeder profitiert davon." Die Alternative für Bofinger: eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer. Das entlaste Verbraucher und kurble den Kauf langlebiger Konsumgüter an – etwa von Autos.
Mehrwertsteuer runter oder Freibeträge rauf?
HWWI-Experte Bräuninger ist dagegen skeptisch, "ob eine niedrigere Mehrwertsteuer in niedrigere Preise mündet – und wie schnell". Er hält eine Anhebung der Freibeträge bei der Einkommensteuer für den besseren Weg.
Kann sich der Staat Steuersenkungen leisten? Er müsste auf jeden Fall Schulden machen. "Aber das ist besser, als jetzt nichts zu tun", glaubt Peter Bofinger. Er hält ein Gesamtpaket aus Steuersenkungen und Investitionen in Höhe von 25 Milliarden Euro für vertretbar. Das bisherige Konjunkturpaket der Regierung umfasst vier Milliarden Euro.
Was tun andere Staaten? Die Briten senken die Mehrwertsteuer noch heuer um 2,5 Prozentpunkte. In den USA plant Barack Obama Steuersenkungen für Familien. Für Bofinger ein Grund, dass Deutschland mitziehen sollte: "Je mehr Länder das machen, desto eher kommt die Welt aus der Krise." Andreas Jalsovec
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