Rentenpläne auf der Kippe

 Ein Gutachten des Bundestags hält die Vorhaben von Rot-Schwarz für verfassungswidrig: Der Beitrag muss jetzt gesenkt werden, für eine Gesetzesänderung reicht die Zeit wohl nicht
von  tan
Schwarz-Rot will älteren Müttern mehr Rente zahlen - doch bei der geplanten Art der Finanzierung tauchen jetzt juristische Probleme auf.
Schwarz-Rot will älteren Müttern mehr Rente zahlen - doch bei der geplanten Art der Finanzierung tauchen jetzt juristische Probleme auf. © dpa

Ein Gutachten des Bundestags hält die Vorhaben von Rot-Schwarz für verfassungswidrig: Der Beitrag muss jetzt gesenkt werden, für eine Gesetzesänderung reicht die Zeit wohl nicht

BERLIN Die Verfassung könnte den rot-schwarzen Rentenplänen einen Strich durch die Rechnung machen. Denn die beabsichtigte große Koalition will für die Mütter-Rente die eigentlich fällige Beitragssenkung Anfang 2014 ausfallen lassen. Das aber steht rechtlich auf extrem wackligen Füßen, warnt jetzt ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags.
Eigentlich muss der Beitragssatz zur Rentenversicherung laut Gesetz zum 1. Januar zwingend von 18,9 auf 18,3 Prozent sinken (siehe Kasten). Dies hält auch die Expertise nochmal fest. Union und SPD wollen sie aber ausfallen lassen. Das aber wäre nur verfassungsgemäß, so das Gutachten, wenn das geltende Gesetz noch in diesem Jahr geändert werde. Dies dürfte aber nicht mehr umzusetzen sein, warnen die Bundestagsexperten.

Die erste Lesung soll nach dem Willen von Union und SPD gleich am 19. Dezember sein, zwei Tage nach der geplanten Kanzlerin-Wahl. Nur: Damit kann das Gesetz nicht mehr ordnungsgemäß bis 1. Januar verabschiedet werden, sondern inklusive Bundesrat frühestens im Februar. Das Gutachten weiter: Sollte ein neues Gesetz heuer nicht mehr zustandekommen, müsse der Beitrag am 1. Januar sinken. „Eine neuerliche Erhöhung im Gesetzgebungsverfahren kann nur für die Zukunft gelten.“ Also etwa ab 1. April. Dann müsse die rot-schwarze Koalition – falls sie kommt – die gesunkenen Beiträge extra wieder erhöhen.

Rückzahlungen in Milliardenhöhe?

Das Gutachten warnt ausdrücklich davor, die juristischen Probleme zu ignorieren. Wenn die Beitragssenkung ausfalle, obwohl die Gesetzesänderung noch nicht durch ist, seien Klagen von Betroffenen zu erwarten. „Sollten Gerichte bestätigen, dass die Nichtsenkung rechtswidrig war, wären die zu viel gezahlten Rentenbeiträge zurückzuzahlen“, so der Wissenschafltliche Dienst. Die Kosten gingen in die Milliarden.

Zum gleichen Ergebnis war zuvor eine Expertise im Auftrag des Arbeitgeberverbandes gekommen – dass auch die unabhängigen Bundestags-Wissenschaftler es so sehen, wird für die künftige Regierung schwer zu ignorieren.

Herbert Rische, Präsident der Rentenversicherung, hält aber nicht nur den Zeitpunkt für rechtlich problematisch, sondern das ganze Konstrukt für verfassungswidrig, die Mütterrenten nur die Beitragszahler finanzieren zu lassen. Das verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Union und SPD hatten verabredet, die Renten für Mütter, die vor 1992 geboren haben, um 28 Euro pro Kind und Monat aufzustocken. Die Kosten dafür werden auf 6,5 Milliarden Euro beziffert. Um das zu finanzieren, soll eben die Beitragssenkung ausfallen. Selbst wenn sie kommt: Das würde nur für vier Jahre reichen, dann müssten die Beiträge steigen.

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