Rente mit 67: Streit zwischen Müntefering und Gabriel

Es ist ein Streitthema, das auch zwischen Parteigenossen zu Unruhe führt: Die Rente mit 67. Ex-SPD-Chef Müntefering warnte seinen Nachfolger Gabriel gegen die Rente mit 67 vorzugehen.
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BERLIN - Es ist ein Streitthema, das auch zwischen Parteigenossen zu Unruhe führt: Die Rente mit 67. Ex-SPD-Chef Müntefering warnte seinen Nachfolger Gabriel gegen die Rente mit 67 vorzugehen.

In der SPD weitet sich der Streit über die Rente mit 67 nach einem Schlagabtausch zwischen dem amtierenden Parteichef Sigmar Gabriel und seinem Vorgänger Franz Müntefering aus. Gabriel wies Vorwürfe des früheren Bundesarbeitsministers in einem Brief an Müntefering unter Verweis auf die „völlig unzureichende“ Lage für ältere Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt zurück, schreibt der „Tagesspiegel“ (Freitag). Die Kritik des Ex-SPD-Chefs beinhalte „Unterstellungen“, heißt es in dem Schreiben, das der Zeitung vorlag.

In einem Brief an die SPD-Führung, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ (Freitag) zitierte, warnte Müntefering seine Partei vor einem Kurswechsel. „Jetzt die Dynamik der konzertierten Aktion (zur Erhöhung des Rentenalters) zu unterbrechen, wäre ein defensives Signal“, schrieb Müntefering, der die umstrittene Reform in der großen Koalition und in der SPD durchgesetzt hatte. Der neuen Parteiführung warf Müntefering vor, die SPD-Rentenposition aus parteitaktischen Gründen zu korrigieren. „Da alle Beteiligten die Wirkung eines Aussetzungsbeschlusses auf den Fortgang der Debatte in den kommenden Jahren, auch für die anstehenden Wahlkämpfe, kennen, ist das Augenzwinkern kaum zu übersehen. Gut für die Glaubwürdigkeit von SPD und Politik insgesamt ist das nicht.“

Die SPD-Führung hatte sich am Mittwochabend auf einen Kompromiss verständigt, wonach die Rente mit 67 erst dann eingeführt werden soll, wenn mindestens 50 Prozent der 60- bis 64-Jährigen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung haben. Die SPD-Spitze kann sich auf die Überprüfungsklausel im Gesetz berufen, wonach der Einstieg in die Rente mit 67 von der Arbeitsmarktsituation Älterer abhängig gemacht werden soll.

Gabriel entgegnete laut „Tagesspiegel“ auf die Vorwürfe, er müsse davon ausgehen, dass Müntefering „die Überprüfungsklausel im Gesetz selbst nie ernst genommen, sondern eher mit einem Augenzwinkern akzeptiert“ habe ­ „wohl wissend oder billigend in Kauf nehmend, dass sie für den weiteren Fortgang der Entscheidungen ohne Relevanz ist“.

Vertreter des linken SPD-Flügels forderten in der „Berliner Zeitung“ (Freitag), dass der Parteitag Ende September die Aussetzung der Reform formal beschließt. Bislang will die Parteispitze nur auf den Vorstandsbeschluss verweisen, der an diesem Montag geplant ist, und vom Parteitag eine Kommission zur Erarbeitung weiterer Ausnahmen einsetzen lassen.

„Man kann nicht den ganzen Sommer diskutieren, ohne dann den Parteitag mit dem Thema zu befassen“, sagte Schleswig-Holsteins SPD- Chef Ralf Stegner. Der Sprecher der Parteilinken, Björn Böhning, verlangte, „dass sich der Parteitag mit der Rente mit 67 befasst und endgültig beschließt“. IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban forderte die SPD dazu auf, „sich endgültig von der Rente mit 67 zu verabschieden“. Er fügte hinzu: „Wer erkannt hat, dass er in eine Sackgasse geraten ist, der sollte nicht auf halbem Wege stehen bleiben, sondern umkehren.“ Die Debatte habe „bei vielen Arbeitnehmern die Hoffnungen geweckt, die SPD würde sich wieder den Sorgen der Menschen zuwenden. Man kann der SPD nicht empfehlen, diese Hoffnungen erneut zu enttäuschen.“

Nach dem Willen der SPD-Führung soll die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters um mindestens drei Jahre auf 2015 verschoben werden. Ist bis dahin nicht mindestens die Hälfte der 60- bis 64- Jährigen sozialversicherungspflichtig beschäftigt, soll die zu Zeiten der großen Koalition mit den Stimmen der SPD beschlossene Reform weiter ausgesetzt werden. Nach SPD-Angaben gehen in dieser Altersgruppe derzeit nur 21,5 Prozent einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nach. An dem Ziel, die schrittweise Heraufsetzung des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre bis zum Jahr 2029 abzuschließen, hält die SPD-Spitze aber fest.

Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Gregor Gysi, bezeichnete den Rentenkompromiss der SPD im „Hamburger Abendblatt“ (Freitag) als Opposition gegen sich selbst. Der jetzige Plan der SPD werde an der Mehrheit von Union, FDP und Grünen scheitern. Gysi: „Die Anhebung des Rentenalters ist ungerecht und unnötig. Wir brauchen andere Reformen.“

dpa

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